Full text: Geschichte der Neuzeit (Teil 3)

§. 10, 5. Die Türken vor Wien. Ungarn. 149 
vermählten Schwester, den Kurprinz Joseph Ferdinand von Bayern, 
bestimmt. Als dieser aber 1699 starb, und die Mächte einen 
Teilungsvertrag versuchten, überredete der französische Gesandte den 
König, den 2. Enkel Ludwigs XIV., Philipp von Anjou, zum 
Erben seines Reiches zu ernennen. Aber sowohl Ludwigs XIX. 
Mutter, eine Schwester Philipps IV. von Spanien, wie seine Ge¬ 
mahlin, die ältere Schwester Karls II., hatten bei ihrer Verheiratung 
für sich und ihre Nachkommen auf den spanischen Thron Verzicht 
geleistet. Deshalb erhob Kaiser Leopold I. als Sohn der jüngeren 
Schwester Philipps IV. und Gemahl der jüngeren Schwester Karls II. 
für seinen zweiten Sohn Karl Ansprüche auf die spanische Monarchie, 
zu der außer Spanien Belgien, Neapel, Sicilien und die Besitzungen 
in Amerika gehörten. 
Aus Furcht vor Frankreichs Übermacht traten die Seemächte 
England und Holland auf die Seite des Kaisers; Preußen und das 
deutsche Reich schlossen sich ihnen an. Mit Ludwig XIV. verband 
sich der Kurfürst Max Emanuel von Bayern und sein Bruder, der 
Erzbischof Joseph Klemens von Köln. In Spanien waren Aragonien, 
Katalonien und Valencia für Östreich, das übrige Land stand zu 
Frankreich. Nach Karls Ableben schickte Ludwig XIV. seinen Enkel 
nach Madrid und äußerte beim Abschiede: „Von jetzt an, mein Sohn, 
giebt es für Frankreich keine Pyrenäen mehr." Dadurch entbrannte 
der spanische Erbfolgekrieg von 1701 —1714. Die Franzosen 
hielten schon 1701 ihren Eintritt in die Hauptstadt Spaniens, und 
Philipp von Anjou ward mit lautem Jubel von dem Volke und 
den Kortes zum Könige ausgerufen. Der Erzherzog Karl, der zweite 
Sohn Kaiser Leopolds, landete 1704, betrieb den Krieg aber höchst 
saumselig. Der Entscheidungskampf wurde in Italien, Deutschland 
und den Niederlanden geführt. 
An der Spitze der kaiserlichen Truppen stand Prinz Eugen 
von Savoyen, ein kleiner, unansehnlicher Mann, der wegen seines 
schwächlichen Körpers zum geistlichen Stande bestimmt und von Lud¬ 
wig XIV. im Scherz oft das Äbtlein genannt morden war. Allein 
die theologischen Bücher hatten dem Prinzen nicht gefallen; er hatte 
lieber in den Schriften des Plutarch und Julius Cäsar als in den Kirchen¬ 
vätern gelesen und es vorgezogen, die kriegerische Laufbahn zu betreten. 
Als er sich aber bei Ludwig XIV. um das Kommando einer Reiter¬ 
kompagnie bewarb, erhielt er eine abschlägige Antwort, weil er zu 
klein und schwächlich sei. Eugen ward heftig hierüber aufgebracht,
	        
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