Welt erschaffen zu sein scheinen, übertreffen mit ihrem
fast ewigen Leben alle Wunder. Indem ich Unverbürgtes
beiseite lasse, führe ich nur die Tatsache an, daß dort, wo
die Wurzeln der Eichen zusammenstoßen, der gegenseitige
Druck den Boden hügelartig emporhebt. wo aber die
Oberfläche dem Druck nicht nachgibt, wachsen die wurzeln
bis zu den Zweigen empor und wölben sich, in gegen¬
seitigem Hingen sich ineinander verstrickend, zu einer Art
Tor so hoch, daß ganze Retterscharen hindurchreiten können.
Ein Beweis für den hohen wuchs der Bäume ist auch der
Umstand, daß germanische Räuber ausgehöhlte Einbäume
als Fahrzeuge benutzen, die zum Teil etwa 30 Mann fassen.
Es würde zu weit führen, all die kurzen Mitteilungen des
plinius über Tiere, Pflanzen und Mineralien Deutschlands hier
wiederzugeben. Hur der Bericht über den Bernstein soll wegen
des kulturgeschichtlichen Interesses, das er bietet, angeführt werden.
Der Bernstein.
(Plinius, Naturalis historia XXXVII, 35 ff.)
Sicher ist, daß der Bernstein auf den Inseln des nörd¬
lichen Ozeans entsteht und von den Deutschen (Släsum1)
genannt wird. Er entsteht aus dem Mark, das aus Bäumen
einer pinienart2) herausfließt, so wie Gummi aus den Kirsch-
bäumen und harz aus den Sichten als überflüssiger Saft
träufelt. Der Saft gerinnt unter dem Einfluß der Kälte oder
der Zeit und des Meerwassers, das ihn bei steigender Flut
von den Inseln wegschwemmt, an die Küste wirft und
hin und her rollt, als ob er an einem Faden hinge und
nicht an seichter Stelle festsitze. Schon unsere Vorfahren
hielten ihn für den Saft eines Baumes und nannten ihn des¬
halb Supinum3). Die Herkunft von einer pinienart erkennt
man auch daran, daß er beim Reiben wie Pinie riecht
und beim verbrennen wie Kienholz brennt und duftet.
Die Germanen verhandeln ihn zumeist nach der römischen
0 hängt mit dem deutschen Ausdruck: „gleißen, glänzen"
zusammen.
2) Pinie istfdie wilde Fichte, die Kiefer.
3) Das heißt Saftstein.
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