Full text: Handbuch der brandenburgisch-preußischen Geschichte (2)

II 396 — 572 — 
das Leben beider Herrscher. Fiedrich Wilhelm III. war eine stille 
Natur; er entschied in den Regierungsgeschäften, aber er beriet erst 
darüber mit seinen Räten und ließ die Beschlüsse durch seine Beamten 
ausführen. Er liebte Einfachheit und Ruhe. Köuig Friedrich Wilhelm IV. 
liebte es, selbst zum Volke zu reden, selbst zu entscheiden und zu handeln. 
Aber beiden Herrschern war gemeinsam die Frömmigkeit, der Ernst und 
die treue Pflichterfüllung. 
Anwendung. Auch für uns gilt der Wahlspruch: „Ich und mein 
Haus wollen dem Herrn dienen". Wenn jede Familie im Dienste Gottes 
lebt, dann wird es auch dem ganzen deutschen Volke wohl ergehen. 
Denn das Volk besteht nur aus einer Menge von einzelnen Menschen 
und einzelnen Familien. Wer also für Gottesfurcht und Gerechtigkeit 
in seiner Familie sorgt, der erfüllt nicht allein feine Pflicht gegen Gott, 
sondern auch gegen das Vaterland. 
2. Die preußische Verfassung. 
Woröemerkung. Die Kenntnis der preußischen Verfassung muß 
eigentlich bei jedem Preußen vorausgesetzt werden, da das gesamte öffent¬ 
liche, gesellschaftliche und praktische Leben und die Gesetzgebung des Staates 
diese Bekanntschaft erfordern. In vielen Ländern (Frankreich, der Schweiz, 
Nordamerika) bildet die Verfaffnngsknnde ein besonderes Unterrichtsfach; 
bei uns wird sie in besser entwickelten Schulen in den Geschichtsstunden 
der Oberstufe und besonders in der Fortbildungsschule zu behandeln sein. 
Mit einem größeren oder kürzeren Auszuge aus der Berfassungsurkunde 
wird allerdings den Schülern wenig gedient sein, da dessen Verständnis 
schon ziemlich bedeutende Vorkenntnisse verlangt, welche den erst ins 
Leben tretenden Schülern fehlen; es bedarf vielmehr dazu einer Ein¬ 
führung, welche nicht nur das Verständnis, sondern auch das Pflicht¬ 
gefühl jedes Staatsbürgers ausbilden soll. Diesem Zwecke sollen die 
nachfolgenden Ausführungen dienen. Im großen und ganzen wird meist 
der geschichtlich-beschreibende Weg gewählt werden müssen, weil für eine 
entwickelnde Methode die Anknüpfungspunkte im Wissen der Schüler fehlen. 
Woröereitung. Viele von euch haben schon in der Zeitung vom 
„Abgeordnetenhause" gelesen; ihr alle habt vor — Jahren gehört, daß 
an einem Tage die Schule ausfiel, weil Wahlen zum Abgeordnetenhause 
stattfanden. Viele von euch haben schon zu Hause davon sprechen hören, 
daß die Regierung neue Gesetze vorschlage (Stenern!) und ob die Ab 
geordneten wohl dafür stimmen würden. — Ihr wisset alle, daß ihr 
den Gesetzen gehorchen müßt und daß derjenige bestraft wird, der gegen 
die Gesetze handelt; daß neue Gesetze gegeben und andere aufgehoben 
werden. Über alle diese Verhältnisse giebt uns die Verfassung 
Auskunft. 
I. Geschichtliche Entwickelung. 
Darbietung. 1. Um ein Land zu regieren, d. h. in Ordnung zu 
halten, braucht der Fürst Beamte; um es gegen äußere Feinde zn 
schützen, braucht er Soldaten. Der Unterhalt beider, ferner die Ein¬ 
richtung von Kirchen, Schulen, öffentlichen Wohlfahrtsanlagen erfordert
	        
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