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Erste Periode der neueren Geschichte.
will ich doch im Namen des Herrn erscheinen und Christum bekennen
und denselben walten lassen," entgegnete Luther.
Der Wittenberger Rath lieh dem Manne Gottes einen Wagen
zur Fahrt nach Worms. Zwei Freunde, Justus Jonas und Nikolaus
Amsdorf, ferner der Rechtsgelehrte Dr. Hieronymus Schürf und der
Reichsherold Caspar Sturm begleiteten ihn. Als Alles sich herbei
drängte den kühnen Mann zu schauen, der es freimüthig gewagt hatte,
gegen die päpstlichen Anmaßungen anzukämpfen, und Jedermann ihm
die gebührende Hochachtung und Verehrung bewies, freute sich Luther
dieser Anerkennung, und wenn er vielleicht in seinem Innern eine augen¬
blickliche Bangigkeit über das große Werk verspürte, welches er auf¬
gerichtet hatte, wußte er sich durch seine geistige Kraft und sein unbe¬
grenztes Gottvertrauen rasch wieder aufzurichten. In solch' einem
Augenblicke dichtete er das wunderbar kräftige Lied:
Ein' feste Burg ist unser Gott,
Ein' gute Wehr und Waffen rc. *)
Noch kurz vor Worms erinnerten ihn seine Freunde an Hussens
Schicksal in Constanz; allein Luther blieb bei seinem Vorsatze und
entgegnete endlich auf die Vorstellungen seiner Gefährten: „Und wenn
so viel Teufel in Worms wären, als Ziegel auf den Dächern, so
wollt' ich doch hinein!" Als er früh am 16. April vor der Stadt
ankam, waren einige sächsische Edle ihm entgegen geritten; gegen zehn
Uhr zog er ein; voran ritt der kaiserliche Herold in seinem Habit mit
dem Adler des Reiches; Luthers Wagen folgte sein Amtsgenosse
Justus Jonas mit seinem Diener; mehr als 2000 Menschen be¬
gleiteten ihn zur Herberge.
Am Nachmittage des folgenden Tages, gegen 4 Uhr, wurde Luther
in die Reichsversammlung eingeführt. Der Reichsmarschall Ulrich von
Pappenheim und Caspar ©tum, der Reichsherold, ritten ihm voran-
Man konnte kaum durch das Gedränge des Volkes auf die Straßen
gelangen; man hatte die Dächer abgedeckt, um den muthigen Glaubens¬
helden zu sehen, wie er einem so wichtigen Augenblicke entgegenging.
Als er aber vor Kaiser und Reich treten sollte, klopfte ihm ein alter,
grauer Haudegen, Ritter Georg von Frundsberg aus Tyrol, auf die
Schultern und sprach: „Mönchlein, Mönchlein, du gehest jetzt einen
Gang, dergleichen ich und mancher Kriegsoberster auch in der aller-
*) Nach einigen Angaben ist jenes Heldenlied Luthers 1529, nach
anderen 1530 auf dem Schlosse zn Coburg während des Augsburger
Reichstags gedichtet worden. Auch die Melodie soll von Luther
herrühren.