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Dritte Periode der neueren Geschichte.
zu ziehen, wo die verwitlwete Landgräfin, Luisens Großmutter, die
Erziehung der reichbegabten und unmuthigen Prinzessin leitete. Schon
frühe zeichnete sich diese durch ihre Theilnahme an fremdem Unglücke
aus und bemühte sich, freigebig die Noth der Armen und Bedrängten
zu lindern. Während der Unruhen des französischen Revolutions¬
krieges war sie mit ihrer Großmutter und ihrer jüngeren Schwester
Friederike bei ihrer ältesten Schwester Charlotte, welche sich mit dem
Herzoge von Sachsen-Hildburghausen vermählt hatte. Auf der Rück¬
reise nach Darmstadt lernte sie in Frankfurt den Kronprinzen von
Preußen kennen, welcher von ihrer hinreißenden Anmuth, ihrem tiefen
Gemüthe und ihrem geistigen Wesen so gefesselt wurde, daß er sich
im April 1793 zu Darmstadt mit ihr verlobte und am 24. December
in Berlin vermählte. Kurz nach ihrer Krönung schrieb sie an ihre
Großmutter: „Ich bin Königin, und was mich am meisten dabei freut,
ist die Hoffnung, daß ich nun meine Wohlthaten nicht mehr so
ängstlich werde zu zählen brauchen." Ihre Einfachheit machte einen
äußerst günstigen und wohlthuenden Eindruck. Nie sah man sie an¬
ders als in leichten Mousselin gekleidet, das schöne, leicht umlockte
Haupt eben so einfach geschmückt. Diese Grazie veranlaßte Berlins
Töchter eine Reform in ihrem Anzuge zu machen. Dankbar erkannte
es später jedermann an, daß Preußens Genius dem Könige eine Ge¬
mahlin gegeben hatte, welche so ganz in seinen Sinn einzugehen wußte,
so gern und so froh ihr schönes Leben in stiller, einfacher Hoheit neben
ihm verbrachte. Alle Zeit, welche der damalige Kronprinz seinen Studien
abringen konnte, verlebte er mit seiner Gemahlin auf seinem Gute
Paretz bei Potsdam in ruhiger Zurückgezogenheit. Luise beschäftigte
sich viel mit Leetüre geschichtlicher Werke, Übersetzungen der alten
Classiker und dem Studium von Shakspeare's Dramen. Am 15. Oktober
1795 schenkte sie ihrem Gemahl einen Sohn*) und dem jubelnden
Lande einen Thronerben; ein zweiter Prinz Friedrich Wilhelm Louis
ward 1797 geboren.**) In demselben Jahre starb der König Friedrich
Wilhelm II., und ihr Gemahl Friedrich Wilhelm III. bestieg den Thron.
Luise ward die allgemein geliebte und hochverehrte Landesmutter. Als
das königliche Paar die Reise zur Entgegennahme der Huldigung in
*) Als König Friedrich Wilhelm IV. (1840— 1861), welcher sich 1823
mit der Schwester des Königs Ludwig von Baiern, Elisabeth Ludovike,
vermählte.
**) Als König Wilhelm I. (seit 2. Januar 1861), deutscher Kaiser seit 18.
Januar 1871.