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Erste Periode der neueren Geschichte.
Als die Königin Elisabeth die Nachricht von der Vollstreckung des
Urtheils erhielt, ward sie todtenblaß, zitterte heftig und leugnete, den
Befehl dazu gegeben zu haben. Sie verwünschte den Diensteifer ihrer
Räthe und zog Davison zur Verantwortung. An König Jakob schrieb
sie, sie wünsche, er kenne den Schmerz, welcher ihr Gemüth über das
ohne ihre Absicht eingetretene traurige Ereignis niederdrücke. Gott
und Vielen sei ihre Unschuld bekannt. Man sah die Königin oft wie
eine Bildsäule starr vor sich Hinblicken, Thränen vergießen, kraftlos
niedersinken und in großer Aufregung.
Philipp von .
Spanien er- -ttontg jstjtUpp II. von Spamen, welchem die wachsende Seemacht
narti588$Cie3 lästig zu werden anfing, wurde durch die Hinrichtung der
Königin Maria von furchtbarem Zorne erfüllt. Er haßte Elisabeth
auch aus dem Grunde, weil sie seine Bewerbungen um ihre Hand
abgewiesen hatte. Jetzt glaubte er sich rächen zu können, und da der
Papst den Bannfluch gegen Elisabeth erneuert und England ihm ab¬
getreten hatte, hielt er es an der Zeit, die protestantische Königin und
bie englischen Ketzer mit einem Schlage zu vernichten. Zu diesem
Zwecke rüstete er die große Armada oder unüberwindliche Flotte aus,
welche 138 Linienschiffe und 60 ungeheuere Galeeren zählte. Sie
führte 31,000 Loldaten, 8000 Matrosen, 700 Mönche und den Gro߬
inquisitor an Bord und stand unter dem Oberbesehl des Herzogs
“"ieXf Medina Sidonia. Als Elisabeth von Philipps Plänen und Rüst-
Sidonia mit ungen Kunde erhielt, ließ sie eine beispiellose Thätigkeit auf ihren
ber Armaba, Wersten und in den Arsenalen entfalten. Jeder Unterthan trug fein
öcherflein auf den Altar des Vaterlandes, um die spanische Tyrannei
uni) die Ketzergerichte von ihm abzuwenden. Endlich erschien die Ar¬
mada; die Engländer waren gerüstet. Ein Heer von 80,000 Mann
und eine Flotte von 200 trefflichen Schiffen harrte der Spanier.
Gleich vom Tage der Abfahrt an hatte die Armada mit Mißgeschick zu
kämpfen gehabt. Nachdem sie bei heftigem Sturme den Hafen von
Corunna hatte aufsuchen müssen, harrte sie im Canal auf die Flotte
des niederländischen Statthalters Alexander von Parma; allein die
Holländer hinderten dieselbe an der Abfahrt. In dieser Lage
griff der englische Admiral Howard mit seinen leichtbeweglichen Schiffen
die unbehülflichen Kolosse der Armada an, trieb sie in den Hafen von
Calais und richtete durch Brander gewaltigen Schaden an. In fünf
Gefechten blieben die Engländer Sieger. Medina Sidonia befand sich
in einer höchst mißlichen Lage und getraute sich nicht, durch den Canal
den Rückweg anzutreten. Deshalb segelte er um Schottland herum.