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von seinem Kaiser dessen Büste in Bronze nebst einem ehrenden Dank-
schreiben: am Neujahrstage 1873 ernannte ihn sein oberster Kriegsherr zum
Gen eral seldmarsch a ll. und im September desselben Jahres erhielt
er den Orden des schwarzen Adlers. Aber schon im Jahre 1873
zwangen körperliche Leiden den hochverdienten Kriegsminister, um seinen
Abschied zu bitten. Schnell ging es mit Roon zu Ende; er starb im Jahre
1879, nachdem er noch zwei Tage vor seinem Tode den Besuch seines
Kaisers erhalten hatte, der seinem treuen und großen Diener bis zum letzten
Atemznge dankbar blieb.
e. Persönliches. Roon war ein hochbegabter Offizier, und obgleich
sein unbeugsamer Charakter ihn zuweilen als schroff erscheinen ließ, so war
er in Wahrheit eine wohlwollende, menschenfreundliche und edle Natur.
Als am Abende des 3. Septembers 1870 alle höheren Offiziere zur
königlichen Tafel geladen waren, erhob fiönig Wilhelm sein Glas und
sprach folgende ehrende Worte: „Wir müssen heute aus Dankbarkeit auf
das Wohl meiner braven Armee trinken. Sie, Kriegsminister von Roon,
haben das Schwert geschärft, Sie, General von Moltke, haben es geleitet,
und Sie, Graf vou Bismarck, haben seit Jahren durch Leitung der Politik
Preußen auf seinen jetzigen Höhepunkt gebracht."*)
Die Kaiserin Zlugusla.
Jugend. Die Gemahlin Wilhelms I., die edle Kaisern: Augusta,
stammte aus dem schönen Thüringen. Am 30. September 1811
wurde sie zu Weimar geboren. Schon frühzeitig sorgteu die Elteru
für eine gute Erziehung, und die Mutter, eine Tochter des Kaisers
Paul von Rußland, überwachte sorgfältig die Schularbeiten der Prin¬
zessin, damit sie die ausgegebenen Arbeiten ebenso gewissenhaft an¬
fertige als andere Kinder. Die talentvolle Prinzessin Augusta zeigte
viel Neigung für Kunst und Wissenschaft, weshalb sie hierin auch
tiefer ausgebildet wurde. Und wo hätte sie wohl besser in die Wissen¬
schaft und Kunst eingeführt werden können als am Hofe zu Weimar,
wo berühmte Gelehrte, die vorzüglichsten Dichter, Maler und Künstler
gerade damals eine liebe Heimstätte hatten ? Der große Dichter
Goethe konnte später der geistvollen und eifrigen Prinzessin Augusta
das schöne Zeugnis ausstellen: „Sie kann mitreden, denn sie hat
etwas gelernt."
Im Malen übte sich Augusta unter Leitung der Luise Seidler, die
eine tüchtige Ausbildung in ihrer Kunst in Dresden, München uud Rom
erhalten hatte. Ihrer Lehrerin hat die Fürstin ihr ganzes Leben hindurch
ein treues Andenken bewahrt. Noch im Jahre 1866 besuchte sie die
84 jährige Greisin zu Weimar und unterhielt sich mit ihr in der liebens¬
würdigsten Weise.
In der Musik machte Augusta ihre Studien hauptsächlich unter Lei¬
tung Hümmels. Sie war auch in der Kompositionslehre soweit gefördert,
daß sie Musikstücke schreiben konnte; von ihr stammt z. B. der Armee¬
marsch 101.
Auch zur Nächstenliebe und Gottesfurcht wurde die Prinzessin
erzogen, und ihre edle Mutter legte schon recht früh in ^as Herz
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