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liche Strudel und schäumende Wellen gespalten, bis er endlich an
einer steilen Felsenwand hinunterstürzt. Mitten im Fall stehen vier
Felsen, welche den Sturz in fünf Theile theilen.
Cannabich.
Fl. Der Cirknitzer See.
' In den östreichischen Alpen im Herzogthum Krain liegt der be¬
rühmte Cirknitzer See, von jeher das Wunder und Räthsel der Ge¬
gend. Oestlich von Adelsberg, da wo die Geheimnisse der Unterwelt
m hundert Gewölben der Kalkfelsen verschlossen sind, breitet sich der
wunderschöne See von Cirknitz ans wie ein Spiegel von drei Quadrat¬
meilen. Aus ihm ragen hervor fünf Inseln, und eine derselben trägt
selbst das Dörfchen Ottok. Mehrere Flüßchen fallen hinein. Er ist
sehr reich an Fischen und Wasservögeln, und die ganze Thalgegend
umher ist romantisch schön. Von drei Seiten erheben sich hohe Berg¬
spitzen. Neun Dörfer, zwanzig Kirchen und zwei Schlösser reihen
sich um den See. Bei vielem Regen gewinnt er an Umfang, aber
bei sehr trockenem Wetter verschwindet sein Gewässer und ziehet in den
geheimen Schoos der Unterwelt, begleitet vom Wassergeflügel und
allen Fischen. Tritt diese wunderbare Erscheinung ein, dann läuten
die Dörfer umher, um noch zu fischen so viel, als möglich. Von
Stunde zu Stunde sinkt tiefer der Spiegel; denn eine Menge von
Löchern im Grunde des See's verschluckt sein Gewässer. Unterirdische
Höhlen von unermeßlichem Umfang, die nie ein menschliches Auge
geschaut, nehmen es aus. Jetzt schaut der Grund des See's zum
heitern Himmel hinauf; er trocknet ab, und der rührige Mensch erntet
Gras, wo er sonst fischte; er wagt zu säen und erntet Hirsen und
Buchweizen; er nimmt statt des 'Netzes das Feuerrohr und erlegt
Wildpret. So ist der wunderbare See mit Recht in dem Rufe, daß
man in ihm fischen, jagen und ernten kann, bis die Zeit sich wendet,
häufige Regengüsse, starke Gewitter sich einstellen. Dann tritt das
Gewässer aus den Gründlöchern gewaltsam herauf. Es speiet die
Unterwelt Gewässer, Fische und Seevögel herauf, so daß binnen vier
und zwanzig Stunden der See gleichsam wieder neu geschaffen ist. —
Der Zusammenhang dieses See's mit unterirdischen Wasserhöhlen,
die theils unter ihm, theils höher, als er, liegen, gibt die Erklärung
des Wunders. ' ''Gutsmuths.
52. Die G e m s e n j a g d.
Eine angenehme Beschäftigung des Schweizers ist die Gemsen¬
jagd. Ein höchst gefährliches Geschäft, welches nur selten reichen Er¬
werb gewährt. Der Gemsenjäger ist ungemein luftig und heiter. Er
scheut keine Mühe und keine Gefahr. Er klettert über Klippen und
Felsen, über Spalten und Klüfte, um den scheuen Thieren nachzu¬
stellen. Unermüdlich steigt er, so oft es auch schon vergebens sein
mochte, immer wieder auf die höchsten Alpenweiden, wo die Gemsen
zu weiden in kleinen Heerden beisammen leben. So bald er einige
erblickt, klettert er wo möglich noch höher, kriecht dann langsam und