294 145. Kaiser Friedrich 1, der Rotbart.
und übermütig, und Herzoge, Fürsten und Grafen führten oft Krieg auf
eigene Hand, auch gegen ihren Knig eigerten sich, ihm mit
ihren Leuten im Kriege zu Dienste n. mächtigste unter diesen
Vasallen war zu Friedrichs Zeit der Herzog Heinrich der Löwe aus
dem Geschlechte der Welfen; ihm gehörte Braunschweig und Lüneburg,
Bayern und Sachsen. Dieser stolze Mann weigerte sich, dem Kaiser
Heerfolge gegen die lombardischen Städte zu leisten. Der Kaiser bat
ihn, ja er fiel ihm zu Füßen. Alles umsonst. Da nahte die Kaiserin
ihrem Gemahl und sprach: „Stehet auf, lieber Herr; Gott wird Euch
helfen, wenn Ihr einst dieses Tages und Hochmutes gedenket!“ Dieser
Abfall Heinrichs des Löwen war hauptsächlich schuld an der Niederlage,
welche Friedrich (1176) bei Legnano durch die Italiener erlitt. Wie
oft hat doch die Uneinigkeit der Deutschen ihren Feinden zum Siege
geholfen! Nachdem aber der Kaiser mit den italienischen Städten und
dem Papste zu Konstanz Frieden geschlossen hatte, lud er den wider—
spenstigen Heinrich vor sein Gericht, und da er nicht erschien, wurde er
geächtet und sollte aller seiner Lehen verlustig gehen. Nach langem
Widerstand mußte er sich unterwerfen. Zu Erfurt warf er sich vor dem
Kaiser demütig nieder, umfaßte seine Kniee und erflehte seine Gnade.
Diese wurde ihm auch zu teil; doch verlor er seine beiden Herzogtümer
Bayern und Sachsen und wurde auf drei Jahre verbannt.
5. So war endlich Friede im Reich. Dasselbe umfaßte außer dem
ganzen jetzigen Deutschland mit Ausschluß eines Teils von Schlesien,
Pommern und Preußen noch folgende Länder: Deutsch-Osterreich, ganz
Holland und Belgien, das französische Lothringen, die ganze Schweiz,
das burgundische Königreich mit Savohen, Piemont und der Probence
Prowans), ganz Italien bis an die Grenzen von Neapel. Auch auf
die benachbarten Völker erstreckte sich Friedrichs Einfluß, und jeder
Deutsche freute sich über die Höhe, zu welcher sein Vaterland sich ge—
hoben hatte.
9. Da erscholl plötzlich die Nachricht, Sultan Saladin habe Jeru—
salem erobert. In der ganzen Christenheit verbreitete sich ein unermeß—
licher Jammer. Alles geriet in Bewegung, um das Grab des Erlösers
den Ungläubigen wieder zu entreißen. Die Könige von England und
Frankreich nahmen mit vielen ihrer Großen das Kreuz. Auch Friedrich,
obwohl im 68. Jahre stehend, machte sich auf mit einem gewaltigen
Heere. Nach unsäglichen Mühseligkeiten kamen sie endlich zur Stadt
Jkonium in Kleinasien. Von allen Seiten drangen hier die Türken auf
das deutsche Heer ein, und schon fing dasselbe an zu weichen. Da rief