Die Alpen.
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Bodengestalt von Mitteleuropa.
Der Name Mitteleuropa wird in verschiedener Ausdehnung gebraucht, gemeinig-
lich aber für die in der Übersicht S. 138 mit l—4 und 8—9 bezeichneten Teile ver¬
standen. Von den 4 Hochgebirgen des Erdteils gehören hierher die Alpen und die
Karpaten, und gemeinsam ist fast dem ganzen so begriffenen Abschnitte die Abstufung
vom Hochgebirge über das Mittelgebirge ins Tiefland. Beherrschend als „Rückgrat
Europas" treten die Alpen hervor, die einmal 4 große Ströme speisen (welche?)
uud dann als Klimascheide gegen die Mittelmeerländer wirken. Sie bilden die
Südgrenze sür das Gebiet der Niederschläge zu alleu Jahreszeiten und zugleich für
das des Seeklimas mit unregelmäßig Wechseluden, aber vorwiegend Regen wie milde
Luft bringenden Winden. Darum hat sich hier die Landwirtschaft zur höchsten Blüte
entwickeln können, und hier liegt einer der größten Verdichtungsmittelpunkte
der Menschheit; denn auf einem Gebiete von etwa l,8 Mill. qkm wohnen hier
gegen 170 Mill. Menschen, also über 90 auf 1 qkm. Es ist das Kulturland
der Erde in jeder Beziehung. Trotz der dichten Besiedlung ist noch dem Walde
fast überall reichlich Raum gelassen, in Frankreich 16, im D. R. 26, in Österreich-
Ungarn gar Z0<>/g des Bodens, nur in den Niederlanden 8, in Belgien kaum 2%.
Wintergrüne Gewächse sind außer im äußersten S.W. nicht zu finden, blattwerfen-
der Laubwald und Nadelholz herrschen vor. Wie in einem Gebiete, das durch
10 Breiten- und 30 Längengrade geht, trotz der Gleichheit im großen manche ort-
liche Verschiedenheiten des Klimas herrschen, so sind auch die Menschen verschieden,
aber trotz aller Kriege sind die Nationen Mitteleuropas durch die Lage ihrer Länder
immer wieder aufeinander angewiesen. Deutschland nutzt den Vorteil der zentralen
Lage aus, den ihm das Zeitalter der Eisenbahnen wiedergegeben hat, nachdem er
ihm durch die Entdeckung Amerikas für lange Zeit genommen war. (S. auch unter
Verkehrskunde S. 303 f.)
I. Die Alpen
Die Grenzen der Alpen sind gegen S. das Karst-Hochland, die Po-Ebene
und das Lignrische Küstenmeer; im W. das Tal des Rhone; im N. die Süd¬
deutsche Hochebene; im O. die Ungarischen Ebenen. Das Hochgebirge läuft
durch 5 Breiten- und 11 Längengrade, die hier etwa 79 kin messen.
Der Alpengürtel gliedert sich durch die ö. vom 9. Meridian laufende Linie:
Bodensee—'Hochrhein—Hinterrhein - ^plügenpaß und Langensee in die West-
und die Ostalpen. Der Südflügel der Westalpen, bis zur scharfen Biegung
nach N.O. beim Passe des Großen St. Bernhard, besitzt im ganzen die ge-
ringste Breite bei 2300 in mittlerer Kammhöhe in der Hauptkette. Von da an
dehnt sich das zweite Hauptstück der Westalpen, die Schweizer Alpen, beträcht-
lich in die Breite; die Höhe ihres Hauptkammes steigt bis 2800 m im Durch¬
schnitt. _ Die Ostalpen nehmen, je näher dem großen ungarischen Senkuugsselde,
an Breite zu und an Höhe ab. Höhe des Hauptkammes etwa noch 2200 m. —
-Vergleich der Alpenumrisse mit einem Füllhorn. — An Gipfel- und Kammhöhe,
sowie an Ausdehnung der von ihnen bedeckten Fläche, an Kühnheit und Reich-
tum der Formen übertreffen die Alpen alle anderen Gebirge Europas, sie sind
sem erstes Hochgebirge.
* o/ri5, A"""afeln S. 228,,234, 236 und 248. — Kutzeu-Steiuecke, Das deutsche Land,
™ SL ^slau 1908. — Uber die Gliederung der Alpen s. auch Delitsch, Deutschlands
Oberflachenform. Breslau 1880. 1 ;
Seydlitz, Geographie. Ausg. B. Oehlmann. 27