Der spanische Erbfolgekrieg. 203
dem größten Feldherrn seiner Zeit geführt. Prinz Eugen von
SMoYen, dessen tapfere Thaten in den Türkenkriegen schon früher
erwähnt sind, war der Sohn des Grafen von Carignan, einer
Seitenlinie der Herzoge von Savoyen, und einer der Nichten Maza-
rins. Daher hatte er auch zunächst daran gedacht, in französische
Dienste zu treten; allein, da seine Mutter mit Louvois verfeindet
war, und sein unscheinbares Äußere wenig soldatische Fähigkeiten
versprach, war er abgewiesen worden. Nun trat der „kleine Kapu¬
ziner" in das östreichische Militär ein, wo er bald durch ausgezeich-
nete Kriegsthaten sich herb orthat und zum Feldmarschall emporstieg.
Kühnheit, Schnelligkeit, Umsicht und Menschlichkeit zeichneten ihn als
Feldherrn aus; aber nicht minder bedeutend war er als Staats-
mann. Dazu kam ein reiner, edler Charakter, ein ernstes, der
Wahrheit ergebenes Streben, das ihn zum gründlichen Studium der
Wissenschaften und Künste trieb und ihn bor allen seinen Zeitgenossen
auszeichnete. Diesem Manne hatte Ludwig XIV keinen ebenbürtigen
Feldherrn entgegen zu stellen; denn wenn sich auch noch einzelne
seiner Feldherrn, wie Catinat, Villars, Vendöme, ruhmvoll hervor-
thaten, so waren doch andere durch den Einfluß der Frau von
Maintenon emporgehoben worden, die ihre Erhebung mehr dem
feinen Hofton, als ihrer kriegerischen Tüchtigkeit verdankten.
b. Beginn des Krieges. Großes Bündnis gegen Frankreich. Prinz
Eugen eröffnete den Krieg in Italien (1701) mit großem Erfolge; 1701
er überschritt mit einem kleinen Heere auf ungebahnten Wegen die
Alpen und drängte den tüchtigen Catinat in mehreren Gefechten
über die Etsch zurück. Als die gewohnten Siegesnachrichten aus-
blieben, rief Ludwig Catinat zurück und sandte an seiner Stelle den
unfähigen Villeroi, einen Günstling der Maintenon. Auch dieser
wurde von Eugen geschlagen und in Cremona gefangen genommen.
Neue große Verstärkungen unter Vendöme hemmten nun zwar die
Fortschritte Eugens (1702), aber bereits hatte sich ein gewaltiges
Bündnis gegen Frankreich gebildet. Zunächst hatte sich Holland,
besorgt über die Besetzung der niederländischen Festungen, an Leopold
angeschlossen (1701); bald folgte England, das anfangs sich wenig
kriegerisch gezeigt hatte, dann aber sich beleidigt fühlte, weil Ludwig
nach dem Tode des vertriebenen Jacobs II den Sohn desselben als
König anerkannte. Der Abschluß dieses Bündnisses war die letzte
That König Wilhelms III. Da er kinderlos starb (1702), so folgte
ihm seine Schwägerin Anna (1702—1714), die dem Versprechen,
das sie ihrem sterbenden Schwager gegeben hatte, getreu, den Krieg
durch ihren großen Feldherrn, den Herzog von Marlborough,
mit großer Entschiedenheit führen ließ. Endlich schloß sich auch das
deutsche Reich und der wankelmütige Herzog von Savoyen dem '
Bündnisse an.
c. Siege der Verbündeten. Der nun entbrennende Krieg war
der größte und blutigste in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts.