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„Vor Allem ergötzt mich der Vögelein Singen,"
So läßt sich vernehmen der Ahorn darauf:
„Wenn schlagende Drosseln vorüber sich schwingen.
Und schmetternde, Helle Jagdhörner erklingen,
Durchzittert mich Lust vorder Wurzel zum Knauf."
So hört man im Walde das Flüstern und Plaudern
Von tausend redseligen Zungen umher;
Doch nun, wie sie plötzlich erschrecken und zaudern!
Wie bange die Gipfel sich sträuben und schaudern!
Es naht sich ein Wetter so dunkel und schwer.
Schon fallen des Donners gewichtige Keile
Mit hohem Gepolter ins knarrende Holz;
Hier fahren die Blitze vielschneidiger Beile
Und schlagen mit mächtigen Hieben in Eile
Zu Boden der Eiche hochfahrenden Stolz.
Die Buche, daß nun ihren Segen sie thue,
Sie fiel einem Armen zum freundlichen Los.
Bald kam auch die Tanne, die ernste, zur Ruhe:
Sie bot ihre Bretter dem Müden zur Truhe
Und sank in der Grüfte verschwiegenen Schoß.
Die lustige Weide gab ihre Gewinde
Der weinvollen Tonne zum schürzenden Reif,
Die Birke, die leichte, bot Reiser und Rinde
Zur strafenden Rute dem fehlenden Kinde,
Der Mutter zum Fliegen abwehrenden Schweis.
Nach Wunsche muß Alles dem Ahorn gelingen:
Er dienet, gewölbt, einer Laute zur Brust;
Und wenn die metallenen Saiten sich schwingen
Und helle, melodische.Weisen erklingen,
Da zitiert der Liederentzückte vor Lust.
Adolf Stöber.
54. Abendlied.
Ich stand auf Berges Halde,
Nun hat der müde Sylphe
Als Sonn' hinunter ging,
Und sah, wie über'm Walde
Des Abends Goldnetz hing.
Sich unter's Blatt gesetzt
Und die Libell am Schilfe
Entschlummert thaubenetzt.
Des Himmels Wolken thauten
Der Erde Frieden zu,
Bei Abendglockenlauten
Ging die Natur zur Ruh'.
Es ward dem gold'nen Käfer
Zur Wieg' ein Rosenblatt;
Die Herde mit dem Schäfer
Sucht ihre Lagerstatt.
Jch^sprach: O Herz, empfinde
Der Schöpfung Stille nun,
Und schick' mit jedem Kinde
Der Flur dich auch zu ruh'n.
Die Lerche sucht aus Lüften
Ihr feuchtes Nest im Klee,
Und in des Waldes Schlüften
Ihr Lager Hirsch und Reh.
Die Blumen alle schließen
Die Augen allgemach,
Und alle Wellen fließen.
Besänftiget im Bach.
Wer sein ein Hüttchen nennet,
Ruht nun darin sich aus,
Und wen die Fremde trennet,
Den trägt ein Traum nach Haus.
Mich fasset ein Verlangen,
Daß ich zu dieser Frist
Hinauf nicht kann gelangen,
Wo meine Heimat ist.
F. Rücken.