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Europa
— Deutsches Reich.
b. Obcrhcfsen. Gießen a. d. Lahn mit 12200 E. und Universität. Kleine
Städte sind: Friedberg in der Wetteran, ehemals Reichsstädtchen, in dessen Nähe
Nauheim mit Kur- und Salzbrunnen; Butzbach gleichfalls in der Wetterau, Lau-
terbach im Gebiete der Freiherrn von Riedesel, Schlitz ganz im Osten, Büdingen
Sitz eines Jsenbnrgischcn, nnd Lich Sitz eines Solmsischen Fürsten.
c. Rheinhessen, die bevölkertste Provinz, denn sie hat 250000 Bew. (fast zur
Hälfte Katholiken) auf 25 Q.-M., also 10000 auf 1 Q.-M. Mainz mit 54000 E.
(darunter 16000 Protest.); gegenüber und als Festung zu Mainz gehörig Kastel (mit
5200 E). Worms, ehemals Reichsstadt, mit 14500 E. Alz ei. Oppenheim.
Ingelheim. Bingen an der Nahemündung.
36, Reichsland Elsaß-Lothringen.
Es ist der linksrheinische Theil des Oberrheinthales und ein Theil der lothringischen
Hochebene jenseit des WasgenwaldeS, reich an Getreide, Oel, Tabak, Obst, Wein und
mit sehr bedeutender Industrie, namentlich Web- (im Elsaß) und Eisen-Jndnstrie (in
Lothringen). Von seinem Flächenraum gehören etwa 63 Q.-M. der Tiefebene, 45 dem
Gebirge, 155 der Hochebene und dem Hügellande an. Die Bevölkerung ist deutsch-
allemannischen nnd (im Moselgebiet) fränkischen Stammes; an den Grenzstrichen,
namentlich in Metz und Umgebung leben ca. 220000 Franzosen.*) Sie ist überwies
gend römischen Bekenntnisses (unter den Bischöfen von Straßburg uud Metz); nach der
franz. Zählung von 1866 gab es im Reichslande bloß etwa 15°/o Evangelische, die
Zählung von 1871 weist indes 17^°/» (270700) suuter dem Oberkonsistorium zu
Straßburg) auf. Zahl der Juden 41000. """In Bezug auf Volksbildung nahm Elsaß-
Lothringen in Frankreich den ersten Rang ein, dagegen im Deutschen Reiche steht es
weit hinter den übrigen Staaten desselben znrück. Es ist indes durch die bisherige
Verwaltung bereits ein kräftiger Anfang zur Hebung uamentlich anch des Volksschnl-
Wesens gemacht worden, und sicher wird die 1872 wiederhergestellte deutsche Hochschule
zu Straßburg einen großen nnd wohlthätigen Einfluß auch auf die Verbreitung deut-
scher Bildung nnd Kultur im Reichslande üben. Man hat aus dieseu alten deutschen
Ländern, der Heimat eines Ottfried, Twinger, Tauler, Gailer, Speuer, Brand, Fischart,
Mofcherosch, Pfeffel, Oberlin, Schöpflin, Aug. und Ad. Stöber, Spach, Hackenschmidt:c.,
keinen neuen deutschen Kleinstaat gemacht, sondern dieselben alsuumittelbaresReichS-
laud mit dem Deutschen Reiche vereinigt und uuter die Regierung der Reichsbehörden
(Bundeskanzleramt nnd Reichstag) gestellt; die Staatsgewalt in Elsaß-Lothringen, das
seit dem 1. Januar 1872 auch in die gemeinschaftliche Zollgrenze des Reiches einbe¬
zogen ist, übt der Kaiser aus. Die nene politische Grenze zwischen Deutschland und
Frankreich folgt im allgemeinen der Sprachgrenze; doch war man aus militärischen
*) Eher weniger, als mehr; denn eine genane Angabe über die Anzahl der Fran-
zosen zu machen, ist gegenwärtig unmöglich. Sicher ist, daß eine starke Auswanderung
nach Frankreich das französische Element stetig verringert. Daraus erklärt sich auch die
Abnahme der Bevölkerung (beim Abschluß des Frankfurter Friedens nach der französischen
Zählung von 1866: 1,597000 Bew., nach der Zählung von 1871 : 1,549000). Etwa
200 Q.-M. sind rein deutsches, 18 gemischtes und 45 rein französisches Gebiet.