II. Die deutschen Mittelgebirge. 39
Politische Einteilung. 1. Der Vogelsberg nebst der nach SW. sich an-
schließenden Wetterau gehören zur Provinz Oberhessen des Großherzogtums Hessen.
Hier die Universitätsstadt Gießen an der Lahn; s. davon Bad Nauheim.
2. Das ganze übrige Gebiet bildet den Regierungsbezirk Kassel der preußischen
Provinz Hessen-Nassau. Von Wohnplätzen hat hier nur Kassel größere Bedeutung
erlangt (120000 Einw.); es liegt in der fruchtbaren, tiefgelegenen Ausweitung des
Fuldatales, in der die Bahnlinie Hamburg—Frankfurt mit jener von Thüringen und
Sachsen sich kreuzt. In der Nähe von Kastel ist das Lustschloß Wilhelmshöhe,
das dem in der Schlacht bei Sedan im Jahre 1870 gefangenen Napoleon III. einige
Zeit als Aufenthaltsort diente. Südlich von Kassel: Fulda, dessen Dom die Ge-
beine des Apostels der Deutschen birgt.
3. Das Wefer-Vergland.
Gliederung. Links der Weser folgen das Eggegebirge und der Teuto-
burgerWald; rechts der Solling, der Deister und der Süntel. An diesen
schließt sich die Weserkette, welche die Weser in der Westfälischen Pforte durch-
bricht. Das Weser-Bergland ist eine vielgliederige Gruppe von Bergzügen zu bei-
den Seiten der Weser mit nur 300—500 m Höhe. Es bildet mit dem Hessischen
Berglande eine breite Einseukung, in Hinsicht auf seine Gesteinsbeschaffenheit (Bunt¬
sandstein und Muschelkalk) eine Unterbrechung der Mitteldeutschen Gebirgsfchwelle.
Landschaft. Die mit schönem Laubwald bestandenen Gebirge sind zwar
nirgends sehr hoch, erheben sich jedoch meist in schroffen Wänden und eröffnen
überall den Blick auf Saatfluren und grüne Wiesen, durch die sich die Weser
mit ihren Zuflüssen hindurchschlängelt. Ein anmutiger Wechsel von Höhen und
Tälern macht die Landschaft reizvoll.
Bewässerung. Die Weser, welche das ganze Gebirgssystem entwässert, ent-
steht aus zwei Quellflüssen, der Fulda und der Werra. Die Fulda entspringt
aus der Wasserkuppe, fließt dann zwischen Rhön und Vogelsberg nach N. und
wendet sich nach Aufnahme der Eder zur Werra; diese kommt vom Südwestabhange
des Thüringer Waldes und bewahrt bis zur Vereinigung mit der Fulda bei Münden
im ganzen nordwestliche Richtung. Dem Rhein und der Elbe parallel fließend, erreicht die
Weser an der Westfälischen Pforte das Tiefland und mündet unterhalb Bremen in die Nord-
see. Den Verkehr vom Maintal zur Nordfee (Frankfurt—Bremen) trägt in¬
des nicht das enge Wesertal, sondern das parallellaufende, breite Leinetal.
Die Bevölkerung treibt, da Mineralschätze fehlen, zumeist Ackerwirtschaft
und Kleingewerbe, weshalb deren Dichte nur sehr mäßig ist.
Politische Einteilung. In staatlicher Beziehung ist das vielgestaltige
Weser-Bergland neben Thüringen das am meisten zerrissene Gebiet in Deutschland.
In der Hauptsache ist es preußisch, und zwar gehört das linksseitige Gebiet
zumeist zur Provinz Westfalen, das rechtsseitige zur Provinz Hannover.
1. In Westfalen Minden an der Weser, nahe der Westsälischen Pforte, durch
welche die Straße von der unteren Weser nach Köln (jetzt die Köln-Mindener
Eisenbahn) führt. Bielefeld, in einer Lücke des Teutoburger Waldes gelegen, ist
der Hauptsitz der westfälischen Leinenindustrie.
2. In der Provinz Hannover die Universitätsstadt Göttingen an der
Leine und das altertümliche Hildesheim an der Innerste, einem Nebenflusse der
Leine; ferner am Nordwestende der Weserkette Osnabrück; Kohlen- und Eisenerz-
lager in dessen Nachbarschaft haben die Stadt zu einem Hauptmittelpunkt der Eisen-
Verhüttung und Eisenindustrie im nordwestlichen Deutschland gemacht.