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§88. Die Balkan-Halbinsel.
drang, ein goldener Dreifuß; ihn bestieg Apollons Priesterin, die Pythia,
und aus ihren abgebrochenen Lauten machten die zuhörenden Priester für
den Fragenden einen Antwortvers zurecht.
Da, wo der östliche Zug zwischen fich und einem Sumpfstreifen am
Meere nur eine Wagenbreite übrig liefe — denn jetzt hat sich auch hier die
Küste verändert — führte der Patz der Thermopylen, nach warmen
Schwefelquellen benannt, aus dem Euboia gegenüberliegenden Stücke von
Lokris nach Thessalien und ist weltberühmt durch L e ö n i d a s und seine
300 Spartaner, die hier im Kampfe gegen persische Übermacht starben,
Spartas Gesetzen gehorchend.
5) Böötien mit dem Helikon und K i t k, ä r ö n. Bei der kessel¬
artigen Bodenbildung der Landschaft ergießen sich die meisten Flüsse in das
im Innern gelegene Becken des altberühmten K o p ä l s f e e s , der jedoch
durch Abzugsgräben jetzt ganz trocken gelegt und in Wiesen und Ackerland
verwandelt ift._ Im SO. dieses Seebeckens liegt Theben, jetzt ein kleines
Landstädtchen, im W. L i v a d i a. Die ganze Landschaft nannten die alten
Griechen eine „Orchestra (d. i. Tanzplatz) des Kriegsgottes", weil so viele
Schlachten darin geliefert find, z. B. die von P l a t ä ä und Chäröneia.
v) Attika, der südöstliche dreieckige Zipfel. Nur 2200 qkm groß,
Ztvar gefund, aber spärlich bewässert, vielfach gebirgig und steinig, nur für
den Bau der Olive gut geeignet, ist es doch in der Weltgeschichte hoch be¬
rühmt; so viel vermochte der Geist seiner alten Bewohner über die Kargheit
der Natur. An der Westküste der Landschaft öffnet sich eine Uferebene, im
SO. von dem durch seinen Honig berühmten Hym e ttö s (1000 m) ge¬
schlossen. Auf dieser Ebene springt ein niedriges Vorgebirge hervor und
bildet drei Häfen: den sichern, geschlossenen Haupthafen Piraus und die
kleineren, fast kreisrunden Einbuchtungen von Z e a und M u n y ch i a. Öst¬
lich von diesen liegt der nur eine offene Reede darstellende Hafen Pha-
leren. Von diesen Häsen erstreckt sich die Ebene 6 km nach NO., dann
geht sie in die flachen Bergtäler der Bäche K e p h i s 6 § und $ I i f f 5 g über.
Zwischen diesen Tälern am Ende des Blachfeldes erhebt sich eine Hochfläche
von ovaler Form, an 300 m von W. nach O. lang und halb so breit, zu einer
Höhe von 150 m; es ist nur von W. her leicht zu ersteigen, nach allen andern
Seiten fallen feine Felswände steil ab. Diese Höhe war die Burg des alten
Athen, die Akropolis. Auf ihr lag der berühmte Parthenon,
der Tempel der Schutzgöttin Athene, mit vielen herrlichen Kunstwerken.
Von der Stadt (von W.) her bildete der Prachtbau der Propyläen in
fünf Durchgängen den Eingang. Besonders um den Nordfuß der Burg war
die alte Stadt (wie die ganze heutige) gelagert; zwei lange Mauern (nach
dem Meere zu weiter voneinander tretend, daher „Schenkel" genannt) ver¬
banden sie mit dem Piräus, eine dritte führte nach dem Phaleron; diese
Mauren bewahrten die Stadt davor, von ihren Häfen abgeschnitten zu
werden. Alles zusammen hatte zur Zeit der Blüte wohl 400 000 E. Das
heutige Athen, jetzt Hauptstadt und Residenz des
Königreichs, auch Universität, bietet freilich ein ganz anderes Bild,
hat sich aber nun wieder auf 111 000 E. erhoben. Die Akropolis, von den
Türken lange als Festung benutzt, zeigt nur noch herrliche Ruinen der alten
Zeit, die jetzt sorgfältig erhalten werden; die Stadt, unter der Türkenherr-