Full text: H. A. Daniels Lehrbuch der Geographie für höhere Unterrichtsanstalten

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§ 35. Der Mensch im Verhältnis zn Gott. 
III. Aus der allgemeinen politischen (oder historischen) 
Geographie. 
§35. 
Der Mensch im Verhältnis zu Gott. 
Tief begründet im Wesen des Menschen liegt das Streben nach dem 
unsichtbaren Ewigen, das in dem sichtbaren Vergänglichen seiner Um¬ 
gebung und in ihm selbst waltet. Aus diesem Gefühl der Abhängigkeit von 
höheren Mächten leiten die Religionen der Völker ihren Ursprung her. 
Es lassen sich aber Stufen der fortschreitenden Gotteserkenntnis 
unterscheiden, wobei die Natur des Landes nicht selten in deutlich erkenn¬ 
barer Weise ihren Einfluß geltend gemacht hat. 
Die niedrigste Stufe der Gotteserkenntnis ist der Fetischis¬ 
mus (von dem portugiesischen Wort Fetisso = Zauber oder Götze). 
Geistig unentwickelten Völkern erscheint wie den Kindern jeder Gegenstand 
beseelt. Begegnet nun dem Wilden etwas Unerklärliches, besonders etwas 
Unheilvolles, so nimmt er als Ursache den Schutzgeist desjenigen Dinges 
an, das seine Aufmerksamkeit zuerst oder besonders auf sich zieht: er 
trägt es als Fetisch in seine Hütte und sucht den Schutzgeist darin durch 
Geschenke oder auch durch Züchtigungen sich botmäßig zu machen. Mi߬ 
lingt dies, so wirft er den Fetisch wieder fort. 
Eine höhere Stufe schon bildet der Natnrdienst, die dauernde 
Anbetung von Natur gegen ständen, wie Steine, Bäume, Tiere, Flüsse, 
Gestirne. Dagegen bezeichnet es schon einen großen Fortschritt, wenn die 
Natur kr äste verehrt werden/ Allein eine Vergöttlichung von sinnlich 
nicht wahrnehmbaren Kräften 'tonnte sich nur in kleineren Kreisen als 
Geheimlehre erhalten. Nur die Eingeweihten, die Schamanen, kennen die 
Natur der Götter, nur sie also verstehen auf den Willen der Götter ein¬ 
zuwirken. Dieser Schamanismus ist in den mannigfaltigsten Ge¬ 
stalten über die Erde verbreitet. Im Anthropomorphismus da^ 
gegen werden die Götter in menschlicher Gestalt gedacht, wenn auch 
größer, stärker und mächtiger als die Menschen. Die Allegorien des Natur- 
dienstes werden zu Götterfabeln. 
Einen Fortschritt von diesen menschenähnlichen Göttern bezeichnet es, 
wenn sie nicht mehr als willkürlich handelnd, sondern als entweder gut 
oder schlecht aufgefaßt werden, so daß dieselben Götter stets in der¬ 
selben Weise handeln. So entsteht der Dualismus. Allein viel 
größer ist der Fortschritt, wenn der Mensch endlich zu der Erkenntnis der 
Einheit Gottes gelangt. So schließt mit dem Monotheismus
	        
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