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bedenklich werden können. Es sind dies die ungeheure Schuldenlast Englands, die
ungleiche Verteilung des Reichtums, namentlich aber die Verarmung Irlands
und der schon in dem Katholizismus begründete Hass der Jrländer gegen das
englische Volk (Daniel O' Eonnel, f 1847; Repeal, Monster-Meetings; Eman-
cipations-Akte, welche den Iren den Eintritt ins Parlament verschafft;
Kirchenbill, irische Zwangsbill gegen die freien Versammlungen und Vereine, irische
Zehntenbill, welches irisches Kirchenverniögen nur für kirchliche Zwecke verwendbar
erklärt; Orangelogen; Municipalresormbill). Wenngleich die aristokratische Partei
in England kirchlichen und politischen Neuerungen starren Widerstand entgegen zu
setzen pflegt, so ist doch andererseits die besonnene Ruhe und zähe Festigkeit derer,
welche die Neuerungen erstreben, so groß, und es ist England an aufgeklärten
Staatsmännern (Wellington, Canning, Sir Robert Peel, Grey, Rüssel,
Palmerston) so reich, dass es, von jeder Überstürzung sich fern haltend, in all-
mählichem Fortschreiten seine inneren Zustände verbessert (Reformbill 1832,
durch die ein gerechteres Wahlsystem eingeführt und namentlich die Bevorzugung
der „verrotteten Flecken" aufgehoben wurde; Kornbill, Abschaffung der Sklaverei
in den englischen Kolonieen durch die Bemühungen des edlen Wilbersorce). Die
Partei der Chartisten (O'Connor) strebt nach noch größerer Erweiterung des
Wahlrechts; die liberale Freihandels - Partei (Cobden) wird vontag zutage
mächtiger in der öffentlichen Meinung; die alten aristokratischen Parteien der
Whigs und Tories sind in der Auslösung begriffen. Die Könige Englands
(Wilhelm IV. 1830 — 37, Georg's IV. biederer Bruder; Viktoria, feine
Nichte) hinderten die parlamentarische Regierung des Landes nicht. Die äußere
Macht Englands ist immer noch so groß, dass es in allen europäischen Ver-
Wickelungen eine entscheidende Stimme führt. Die Erweiterung der o st indischen
Provinzen, die feit 1784 in politischer Beziehung von der englischen Regierung
selbst abhängig sind, während der Handel der ostindischen Kompagnie verblieb
(Clive bedeutend als Gouverneur der Kompagnie), ging durch die Kriegs-
tüchtigfeit und Gewandtheit der Engländer immer erfolgreicher vonstatten (Hyder-
Ali und sein Sohn Tippo Sahib, die Beherrscher von Mysore, 1798 durch die
Generale Cornwallis und Abercrornbie vollständig besiegt; die Unterwerfung der
Mahratten 1817; die Afghanen, Sikhs; die englischen Feldherrn Sale, Ellen-
borongh, Napier, Hardinge; Frieden von Lahore 1846). Ein Aufstand
der Franzosen in Kanada, von den nordamerikanischen Freistaaten begünstigt ward
mit leichter Mühe unterdrückt. Das Verbot des Opiumverkauss in China (1836)
führte einen Krieg mit China herbei, der schnell beendigt wurde und den Ena-
ländern fünf chinesische Häsen nebst der Insel Hong-Kong und damit für den
englischen Handel ganz neue Aussichten eröffnete.
§.125. Die Türkei und Griechenland. Die Geschichte der Türkei
knüpft sich an die Kriege mit Russland, deren Ziel die Herrschaft in den Donau-
fürsteutümern ist, und an den Abfall Griechenlands. Im Jahre 1806 erklärte
an Ausstand den Krieg. England ward Russlands Bundesgenosse.
Während des Krieges stürzten die Janitscharen den Sultan Selim und erhoben
seinen Neffen Mustapha IV. aus den Thron, der aber mit seinem Vorgänger
m neuen, von dem Pascha Bairactar hervorgerufenen Wirren ums Leben kam
Mahmud II., Mustapha's Bruder (seit 1808), konnte kräftiger in die Kriegs-
angelegenhetten eingreifen, deren Schauplatz der Archipelagns, die beiden Donau-
ufer und Ägypten waren. Der Krieg nahm auch eine günstige Wendung für die
Türken, wurde aber doch durch den Sieg Kutufow's bei Ruschtschuk (1811)
zu deren Nachteil entschieden. Im Frieden zu Bukarest (1812) muffte die