Full text: Die außereuropäischen Erdteile, Die deutschen Kolonien (Teil 3)

96 Die Besitzungen d. fremden Kolonialmächte im Vergleich zu den deutschen Kolonien. 
für seine Judustrieprodukte sowie zur Erzeugung der für seine Industrie ersorder- 
liehen Rohstoffe. 
An dem Umfang des überseeischen Verkehrs und der Handelsschiffahrt 
gemessen, ist das Deutsche Reich nächst England geradezu das kolonial- 
bedürftigste Land der ganzen Erde. 
I). Die ZZesihungen der fremden Kolonialmächte im Dergteich 
zu den deutschen Kolonien. 
Die größte europäische Kolonialmacht ist England. Seme sämtlichen Außen- 
besitzuugeu umfassen ruud 30 Mill. qkm, d. i. fast die dreifache Größe Europas und 
350 Mill. Einw., d. i. fast V4 aller Menschen der Erde. Dazu besteht das Bestreben, 
den gesamten britischen Besitz zu einem wirtschaftlich einheitlichen Reiche zu der- 
schmelzen, aus Great Britain (Großbritannien) ein Greater Britain (Größer-Britan¬ 
nien) zu machen. 
Den wertvollsten Besitz Englands bildet das Kaiserreich Indien. Mit seinen 
fast 300 Mill. Einwohnern fpielt es im englischen Außenhandel mit die hervorragendste 
Rolle. Freilich ist und bleibt Indien auch die empfindlichste Stelle des englischen 
Kolonialbesitzes; denn trotz vieler segensreichen Neuerungen, welche die englische Re- 
gierung dort durchgeführt hat, will das Gefühl, von den Fremden ausgebeutet zu 
werden, nicht weichen. 
Von größter Bedeutung für England sind ferner, da für Ackerbau uud 
Auswanderung geeignet, Britifch-Nordamerika, Südafrika und Australien. 
Ganz besonders erfolgreich war England in den letzten Jahrzehnten in Afrika, 
namentlich im Osten dieses Erdteils. Ägypten ist wenigstens tatsächlich im Besitze 
Englands, damit zugleich der Suezkanal, die wichtigste Zugangsstraße nach Indien; 
der portugiesische Besitz ist handelspolitisch ebenfalls nur ein Zubehör Englands; sonach 
ist die von dem Engländer Eecil Rhodes ausgegebene Losung „Afrika englisch vom 
Kap bis Kairo" beinahe verwirklicht. Einzig Deutsch-Ostafrika unterbricht hier den 
Zusammenhang des englischen Gebietes. 
Vorzüglich haben die Engländer es endlich verstanden, Stützpunkte ihres Handels 
und ihrer Seemacht zu erwerben, so Gibraltar, Malta, Äden, Singapore, 
St. Helena, die Bermudas-Inseln u. s. w. 
Die wertvollen Kolonien an der Ostküste Nordamerikas, die heutigen Vereinigten 
Staaten von Amerika, gingen England durch Abfall 1776 verloren. 
Den zweiten Platz unter den Kolonialmächten Europas nimmt Frankreich 
ein, freilich erst in weitem Abstände von England. Zwar hatte Frankreich fchon im 
18. Jahrhundert ansehnliche Kolonialgebiete erworben, so in Amerika Unterkanada und 
Landstriche am Mississippi, in Asien Teile von Ostindien. Es hat sie indes fast alle 
noch im gleichen Jahrhundert im Kampfe mit England eingebüßt. 
Die zweite Kolonialperiode Frankreichs beginnt mit der Eroberung Alfchiers feit 
1830. Es hat seither fast den ganzen Nordwesten Afrikas an sich gebracht. Jus- 
besondere sind Algerien und Tunis unter der französischen Verwaltung Länder mit 
blühendem Wohlstande geworden; zudem bilden sie durch ihre Lage eine zweifellose 
Stärkung der französischen Machtstellung im Mittelmeer. — Das zweite Kolonial- 
Hauptgebiet Frankreichs ist Französifch-Hinterindien, ein Reich von der doppelten 
Größe Preußens mit 18 Mill. Einw.; dazu kommt die große Insel Madagaskar. Der 
gesamte Kolonialbesitz Frankreichs ist etwa 20 mal so groß wie das Mutterland und über¬ 
trifft dieses auch bedeutend in seiner Bevölkerungszahl; es zahlt 50 Mill. Einwohner.
	        
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