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Deutschlands Stellung in der Weltwirtschaft.
D. Deutschlands Stellung in der Weltwirtschaft.
(Zur Lektüre.)
Wie aus unerschöpflichen Quellen haben sich reiche Ströme deutscher Volks-
kraft und deutscher Geistesbildung über die Welt ergossen. In den Zeiten der
Völkerwanderung hat der dem deutschen Blute innewohnende Wandertrieb
die Germanenstämme nach dem Süden und Westen geführt, nach Frankreich, Spanien
und Afrika, nach Italien, dann bis tief nach Ungarn hinein und wieder nord-
wärts nach England. Und schon bald nach der Einigung der deutschen Stämme
unter den ersten kraftvollen Sachsenkaisern, dann unter den Hohenstaufen und
später in der Zeit des Deutschherrnordens erwiesen die Deutschen ihren Berus
als Kolonisatoren der Nord- und Ostmarken in heißen Kämpfen gegen Wenden
und Sorben, Obotriten und Preußen. Mit der Gewinnung der Ostsee ergaben
sich nunmehr die Voraussetzungen für einen internationalen Handel, der von
London bis Nowgorod, bis Stockholm und Bergen reichte. Es begann unter
Lübecks Führung die Blüteperiode der deutschen Hanse. Mit den
Kreuzzügen traten dann die italienischen Handelsstädte mehr in den Vorder-
gruud, und die Wohnplätze im Süden Deutschlands begannen aufzublühen: Wien,
Augsburg, Ulm und Nürnberg.
Die Entdeckung neuer Handelswege am Ausgange des Mittelalters fand
die Deutschen nicht untätig, wenngleich die romanischen Nationen, die Portugiesen
und Spanier, daran den Hauptanteil hatten. Die Fngger und Welser ins-
besondere waren bestrebt, die neuen Verkehrsverhältnisse sich dienstbar zu macheu.
Sie haben Flotten aus spanischen Häsen ausgehen laffen und sich am spanischen
Gewürzhandel beteiligt, ja selbst zu Eroberungen und Kolonisationen sind sie
fortgeschritten. Venezuela wurde besetzt und sollte richtiger Welserl and heißen.
Doch ohne Unterstützung durch das Reich, dem eine Flotte fehlte, wurden die
deutschen Kolonisatoren immer mehr aus ihren Handelsbeziehungen verdrängt,
und aus diesem Umstände erklärt sich wohl auch die sonst unbegreifliche Untätig-
keit der Hanse in jenem großen Umschwung der internationalen Verkehrsverhältnisse.
Die grauenvollen Zeiten des Dreißigjährigen Krieges vollendeten noch den Verfall
des deutschen Handels zu Land und zur See. Holland und England rissen das
deutsche Erbe an sich. Wohl versuchte der Große Kurfürst, der in der Schule
der Holländer herangewachsen war und die Bedeutung des Meeres als Quelle
der Völkergröße kennen gelernt hatte, die Schöpfung einer Handelsflotte und die
Gründung einer Kolonie in Westafrika. Im Jahre 1683 wurde trotz des Ein-
spruchs eifersüchtiger Mächte von einem Teile der Küste Besitz ergriffen, das
Fort Groß-Friedrichsburg errichtet, und verheißungsvolle Handelsbeziehungen
wurden eröffnet. Aber schon sein Nachfolger, der erste preußische König Fried¬
rich I., hatte für diese Bestrebungen wenig Interesse, und Friedrich Wilhelm I.,
der Vater Friedrichs des Großen, betrachtete vollends das ganze Kolonisation^-
wesen als „Chimäre" und verkaufte 1719 seinen Besitz der Holländisch-West-
indischen Kompagnie für 6000 Dukaten.