Full text: Leitfaden der alten Geographie

64 
Euphrat-Tigris-Länder. 
altpers. Atliurä und griech. zu Alexanders Zeit :'ArovQua) scheint zu¬ 
nächst im engeren Sinne die unter dem kurdischen Gebirgslande bis 
zum Mittelläufe des Tigris gelegene, von seinen Zuflüssen, den beiden 
Zabat (ZaßccTog) durchflossene fruchtbare Ebene bezeichnet zu haben. 
Sie wurde Ausgangspunkt eines semitischen Reiches, welches seit dem 
13. Jahrb. über alle Nachbarländer sich ausbreitete, deren nächste 
in Westen (jenseits des Tigris) und Süden (mitunter bis zum Meere 
hinab, mit Einschluss Babyloniens) dann unter jenem Namen mitbe¬ 
griffen wurden.1) 
Die wechselnden Hauptstädte dieses Reiches lagen sämmtlich am 
Tigris, am südlichsten die älteste, angeblich dem Lande gleichnamig 
Assür genannt, eine folgende, die bis ins 9. Jahrb. Residenz blieb, 
als Kalach auch den Hebräern bekannt (Accoioaa bei Xenoplion, j. 
Ruine Nimrüd) an der Mündung des grossen Zab, noch nördlicher die 
jüngste und glänzendste, Ninua, hebr. Ninvö, griech. Ntvog, mit 
einem Mauerumfange von 1% d. M. und ausgedehnten Vorstädten, die 
nach ihrer Zerstörung durch Meder und Babylonier 605 v. Chr. nur 
als grosses Trümmerfeld ihren alten Namen bewahrte.2) 
!) Unter der persischen Herschaft, aber offenbar schon vorher, seit der 
medischen Eroberung (605 v. Chr.) wird dasselbe Land Man^ (Herod.) 
oder geradezu J\h}diu (Xenoplion als Augenzeuge) genannt, eine der damaligen 
administrativen Einteilung entlehnte Bezeichnung die schon bei Alexanders 
Durchmarsch wieder dem uralten Landesnamen gewichen ist. 
2) Auffallend ist bei dem Augenzeugen Xenophon der Name Msamlct 
für diese Ruinenstätte. Sie liegt gegenüber der im Mittelalter auf dem 
W.-Ufer des Tigris entstandenen Stadt Mosul und hat bekanntlich in den 
letzten drei Jahrzehnten durch die, besonders von Engländern betriebenen 
Aufgrabungen, ausserordentlich reichen Gewinn zur näheren Kenntniss 
assyrischer Kunst, Schrift, Sprache und mittelbar der politischen Geschichte 
des Reiches und der Nachbarländer gegeben. Die Natur des Bodens ermög¬ 
lichte hier zu Bauten, Sculpturen und Inschriften die Anwendung von Muschel¬ 
kalkstein und Alabaster, statt des in Babylonien gebrauchten Thones. 
4 
88. Zwischen dem grossen Zab (oder, wie die Griechen den semi¬ 
tischen Namen übersetzten, Avv-oq) und dem Gebirge, im höheren -leile^ 
der Ebene die gleichfalls uralte Stadt Arb ela {Aria’ll, j. Erbil)1). 
Die nördlich angrenzende, die Vorhügel des kurdischen Gebiiges um¬ 
fassende Landschaft Adiabene (gräcisirt aus Chadiab), also die nörd¬ 
liche Hälfte des engeren Aturiens oder Assyriens, bildete unter jenem 
Namen seit dem 1. Jahrh. v. Chr. ein besonderes, zeitweise auch west¬ 
lich jenseits des Tigris sich ausdehnendes Fürstentum, welches zu den 
parthischen Königen, dann im 2. und 3. Jahrh. zum römischen Reiche 
in einem Clienteiverhältnisse stand.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.