Full text: Mathematische Erdkunde

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der Burggarten war hier. Die eigentliche Burg umschloß eine innere 
Ringmauer. Durch einen Thorturm führte eine gewundene Thor¬ 
halle auf den inneren Burghof. Außer den Thorflügeln schützte ein 
Fallgitter auch dieses Thor. Durch eine steinerne Rinne oder Pechnafe 
darüber ließ man bei Stürmen siedendes Pech auf die Angreifer herabfließen. 
Der stärkste und wichtigste Bau war der Bergfried, der letzte 
Bergeort der Burgbewohner. Er war ein fester, hoher, meist runder 
Turm, auf dem der Wächter Umschau hielt und mit Gesang den Morgen, 
mit Hornstößen die Annäherung von Gästen oder Feinden verkündete. 
In ihn flüchteten die Burgleute, wenn der Feind die übrige Burg ein¬ 
genommen hatte. Er war mit allerlei Vorräten wohlversorgt. Seine 
4—5 Stockwerke dienten den verschiedenen Zwecken des Haushaltes. 
Der Zugang lag etwa 10 Meter über der Erde und wurde durch Leitern 
erreicht. Oft widerstand der Bergfried monatelang den Feinden,' bis 
Hilfe nahte oder Hunger und Durst zur Übergabe nötigten. 
Den inneren Burghof umgaben die Wohngebäude. Das statt¬ 
lichste war der steinerne Palas oder das Herrenhaus (links vom Berg¬ 
fried) mit der Burgkapelle, in der die Bewohner täglich die Messe 
hörten, nachdem sie ein Bad genommen und die Morgensuppe verzehrt 
hatten. Zum Rittersaale im oberen Stock führte von außen eine 
Freitreppe. Gegenüber (rechts vom Bergfried) lag die Kemenate (von 
Kamin) oder das Frauenhaus mit feinen verschiedenen Abteilungen. Hier 
wurde unter der Aufsicht der Herrin von den Mägden Wolle und Flachs 
gesponnen, gewebt, genäht und kostbare Gewänder mit Gold und Seide 
gestickt. Der freie Erker gestattete einen Auslug ins weite Land. Im 
Schnitzhause arbeiteten Knechte und Knappen an den Jagd- und Kriegs¬ 
geräten. In der Rüstkammer hingen allerlei Schutz- und Trutzwaffen 
und lagen mancherlei Schätze in Truhen aufgespeichert. Die meisten 
Räume wurden durch offene Kamine geheizt und schickten den Rauch durch 
Schlote zum Dache hinaus. Aus dem Burghofe oder im Bergfried war 
der tiefe Burgbrunnen, der bis zur Thalsohle reichte. Aus ihm wurde 
das Wasser mühsam in Eimern an Seilen oder Ketten emporgewunden. 
f) Burgleben. In den Ritterburgen wurde nach bestimmten 
Regeln „höfische Sitte" und der Minnegesang, eine eigentümliche Art 
Ritterpoesie, gepflegt. Das Leben auf der Burg war einförmig 
und wurde nur durch die Besuche von Genossen, Pilgern und fahrenden 
Sängern oder durch Turniere, Jagden oder Fehden unterbrochen. Ein 
Kaplan oder Burgpfaffe war meist der Berater und der Geschäftsführer 
der Familie. Die meisten Ritter konnten nicht lesen und schreiben. 
Durch die Fehdesucht und das Faustrecht entartete das Rittertum 
und sank zum Raubrittertum herab. Das Schießpulver machte 
dem Rittertum ein Ende. 
g) Ritterspiele. Ritterlicher Sinn und äußere Pracht des Ritter¬ 
tums entfalteten sich hauptsächlich bei den Turnieren oder Waffenspielen. 
Besondere Boten luden dazu ein, und mancherlei Vorbereitungen wurden 
dafür getroffen. Ein weiter Platz wurde mit Sand bestreut und von 
Schranken eingefaßt. Schaubühnen mit Sitzen, Buden und Zelte um-
	        
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