— 88 —
verbreiteten, sowie durch Herbeiziehen von Holländern, welche die Landwirt-
scha t verbesserten. Durch den Friedrich-Wilhelmskanal wurde die Oder mit
der (Spree und) Elbe verbunden, durch Einführung eigener, von der Reichs-
post unabhängiger Posten der Verkehr befordert; es wurde sogar eine asri-
ramsche Handelsgesellschaft gestiftet, und der Plan gefaßt, eine Seemacht zu
gründen. Bei seinem Tode hinterließ der Kurfürst ein wohlgeordnetes Land
von 2000 Q.-M. mit fast IV2 Mill. Einw. und ein Heer von 24000 Mann
Er war der größte Fürst seiner Zeit, ein kerndeutscher Mann, ein frommer
Christ.
2tu^bem Testamente des großen Kurfürsten, niedergeschrieben (1667) für seine
Sohne: Betrachtet auch oftmals und allezeit, daß ihr nicht das Allergeringste begeht
oder thut, davon thr nicht dem Höchsten inskünftige werdet Rechenschaft geben müssen
auch von dem Allergeringsten." — „Befleißiget euch auch eines recht mäßigen und
nüchternen Lebens, geht damit euren Unterthanen und Dienern mit gutem Exempel vor!"
— „Eure von Gott untergebenen Unterthanen müßt ihrohne Ansehung der Religion
Landesvater lieben." - „Die liebe Justiz laßt euch in allen euren Landen
hochlich befohlen fein, und sehet dahin, daß sowohl den Armen als Reichen ohne
Ansehen der Person Recht verschafft werde." - „Nehmt euch wohl in acht, daß ihr
mcht gar zu weitläufigen Hofstaat haltet, sondern zieht denselben nach Gelegenheit der
Zeit ein, und reguliert allemal die Ausgabe nach den Einkünften!"
6. „Das Zeitalter Ludwigs XIV." Die Fülle feiner Königsmacht und Königs-
Herrlichkeit zeigte Ludwig in der Staatsverwaltung und in der glänzenden Hofhaltung,
die er gründete. Das Hofleben, die Etikette, die Feste und Bauten in Versailles galten
den übrigen Höfen Europas als Muster. Von da begann namentlich auch in Deutsch-
land die Nachahmung französischer Mode und Sitte, die Bevorzugung der französischen
Sprache und Litteratur. Denn das Zeitalter Ludwigs XIV. war auch die goldene
Zeitder französischen Litteratur.
§ 45.
Friedrich III. (I.) 1688—1713.
1. Friedrich III. als Kurfürst (—1701). Des großen Kurfürsten Nach-
folger war sein Sohn, der als Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg
dreizehn Jahre (1688—1701) regierte. Er war kein kraftvoller Herrscher,
wie sein ruhmreicher Vater, sondern mehr den Künsten des Friedens zugeneigt.
Er ftiftete (1694) die Universität zu Halle (Francke) und (1700) die Akademie
der Wissenschaften (Leibnitz). — Friedrich III. war namentlich sehr pracht-
liebend. Er suchte den Glanz des vielbewunderten Ludwigs XIV. nachzu¬
ahmen: wie in den Schlössern zu Versailles reihte sich auch am Berliner Hofe
eine prunkvolle Festlichkeit an die andere. Diese Verschwendung verursachte
schwere Abgaben, die dem Volke auferlegt wurden, und drückte den Wohl-
stand des Landes.
Seine Gemahlin Sophie Charlotte von Hannover war durch Schönheit und hohe
Geistesbildung ausgezeichnet. Dem glänzenden Hosleben zog sie den Verkehr mit hervor-