§ 21. Italien. 107 
Über etn halbes Jahrtausend lang die sämtlichen Umgebungslande des 
mittelländischen Meeres, ähnlich wie noch einmal in der zweiten Hälfte 
des Mittelalters machtvoll gewordene italienische Handelsstädte, beson- 
ders Genua und Venedig, den Seehandel in diesem Raum größten- 
teils an sich brachten, weithin im östlichen Becken, ja bis ans asowsche 
Meer Küsten und Inseln beherrschend. In der Neuzeit litt Italien 
durch staatliche Zersplitterung und Fremdherrschaft, erst 1870 ward 
es ein einiges Königreich, von welchem das durchweg von Jta- 
lienern bewohnte Corsica noch ausgeschlossen ist. 
Zur Maschinenindustrie mangeln Italien die Steinkohlen, welche 
von den britischen Inseln bezogen werden müssen (die deutschen Kohlen 
würden durch den Transport über die Alpen zu teuer). Italien 
zieht deshalb seinen Hauptgewinn wie vor Alters aus dem Landbau 
(der meiste Ölbau und die meiste Se^denzucht in Europa) und dem 
Seehandel; es spielt seiner Lage gemäß noch heute eine wichtige Rolle 
in dem Versand morgenländischer Güter ins Abendland und umgekehrt, 
seine Handelsflotte gehört zu den größten des europäischen Festlands, 
da sie wie die deutsche über 1 Mill. Tonnen * hält. Bei einer Mittel- 
dichte von 5000 steht die Bevölkerungszahl aus 28 Mill. 
1. Oberitalien, fast die Hälfte der Bewohner des Königreichs umfassend, hat 
als Durchgangsland zwischen dem Apenninenland, Mitteleuropa und Frankreich 
immer die Handels- wie die Kriegszüge auf sich gelenkt und beiden durch seine 
Gebirgsfreiheit offenen Spielraum gewährt. Der Winter verlangt Heizung und 
wärmende Kleidung, der Boden trägt nichts von selbst; daher erwuchs hier stets 
ein arbeitsames Volk, dessen Fleiß besonders in dem mittleren und ö. Drittel durch 
die Bodenfruchtbarkeit reich belohnt wurde (die Rebe au der Ulme oder am Maul- 
beerbaum gezogen, der zugleich das Gespinnst der Seidenraupe trägt; auf dem mit 
solchen Bäumen bepflanzten Feld noch Mais, Weizen oder Reis gebaut, so daß bis- 
weilen dasselbe Grundstück Speise, Trank und feinsten Kleidnngsstoff liefert). Ober- 
italien stieg im Mittelalter zu seiner höchsten Bedeutung, weil damals der Haupt- 
seehandel der übers Mittelmeer war und das adriatische Meer die morgenländischen 
Waaren am besten über diese Ebene nach Deutschland uud Frankreich gelangen ließ. 
So entstanden die großen lombardischen Kaufherrnstädte, deren Wechsel- und Han- 
delseinrichtuugeu für die ganze Welt Muster wurden. ^ 
^Piemont3, der weniger fruchtbare W, wo unter der soldatischen Herrschaft 
der Könige von Piemont (oder von Sardinien, wie sie sich nach der von ihnen 
mitbeherrschten Insel nannten) das kernige Volk erwuchs, welches seinem König 
Victor Emanuel die Einigung Italiens unter seinem Scepter ermöglichte. Haupt- 
stadt dieses Stammkönigreichs Sardinien war Turin, wo die Eisenbahnlinie von 
Frankreich her (über den Mont Cenis smöng ßeni]) den Po trifft, 2 Ht. E. 
Der gebirgige Küstenstreifen f. davon trägt nach seinen alten Bewohnern den 
Namen Lignrien. An seinem durch den Gebirgsschutz gegen N.-Luft wiutermildeu 
Gestade* gedeiht der Ölbaum, selbst hie und da die Dattelpalme (jedoch wie fast 
1) d. h. eine Tragkraft von 20 Mill. Centner besitzt (1 Tonne = 20 Ctr.). 
2) Daher deuten noch so viele Kunstausdrücke im Geschäftsleben auf Ober- 
italien, z. B. Lombardenwechsel, brutto nnd netto (Warengewicht mit und ohne 
Verpackung). 
3) d. h. am Fuße (it. pie) der Berge. 
4) Riviera [rittnera] d. h. Gestade mit Bevorzugung genannt.
	        
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