246 VI. Die Bewohner.
fliegen vermögen. Da dieses Vermögen ein gar nicht gewöhnliches,
so sind noch gegenwärtig die drei Weltinseln1 zugleich die drei Haupt-
Provinzen der Organismenverteilung.
Der Grad der Übereinstimmung von Flora und Fauna jetzt durch das Meer
getrennter Landmassen bietet ein scharfes Mittel dar, um zu bestimmen, ob und
wann dieselben vordem verbunden waren; denn im Lauf langer Zeiträume verwan-
delt^ sich die organische Welt und ihre Verwandlungen greifen nicht leicht übers Meer
hinüber oder gar von einer Weltinsel zur andern. So muß die Trennung der
britischen Inseln von unserm Festland (geologisch gesprochen) erst jüngst, nämlich
unter den Augen der Menschheit sich vollzogen haben2; die Abgliederung der großen
Snndainseln geschah frühestens im späteren Tertiäralter, wie wir aus der Säugetier-
gemeinschaft mit Hinterindien ersehen alte und neue Welt hingen am längsten im
hohen Norden mit einander zusammen, wo allein näher verwandte oder dieselben
Pflanzen- und Tierarten begegnen^; Madagaskar ^ hat sich wie Australien« schon
in frühtertiäreu oder vortertiäreu Zeiten, Polynesien ^ wahrscheinlich noch eher aus
dem größeren Landzusammenhang abgelöst, denn dieses besitzt gar keine eigenen
Säugetiere, jene nur geringfügige (gerade das Tertiäralter war'die Entwicklungszeit
der großen Säuger, besonders der selbst in Australien ganz fehlenden Raubtiere).
Australiens Eigenart beruht auf der Erhaltung uralter Tier- und Gewächs-
formen, die einst auch über Ost- und Westfeste verbreitet waren, hier jedoch durch
Aufkommen kräftigerer Mitbewerber verdrängt wurden. Amerika zeigt selbständige
Neuschöpfungen (Kolibris, Kakteen)^ dabei Südamerika eiue australhafte Sonder-
stcllnng in seiner Fauna uud in der Abwesenheit der Kiefern am reichsten ansge-
stattet mit Organismen, namentlich aus deu obersten Ordnungen der Säugetierklasse
ist die größte Erdfeste, die alte Welt, uud in ihr sind wieder fannistisch und floristisch
am innigsten verwandt diejenigen Erdteile, die einander am innigsten berühren,
Asien und Europa.
§ 47.
Mensch und Crde.
Das Menschengeschlecht scheint seinen Ursprung in einem tropisch
warmen und tropisch früchtereichen Teil der Ostfeste gefunden zu haben.
Von da hat es seinen Siegeszug in heißem Kampf mit den an Kraft
ihm weit überlegenen wilden Tieren bis in die höchsten Breiten
angetreten; zuerst dienten Steinwaffen, nachmals im Feuer bearbeitete
Erz- und Eisenwaffen, die Blöße deckte in kalten Ländern das Fell
des erlegten Tieres. Unbewohnt vom Menschen blieben nur fern dem
Festland gelegene Inseln.
Unser ursprünglich völlig gleichartiges, auch gleichsprachiges Geschlecht trennte
sich bei der Zerstreuung über alle Festlande in einzelne Rassen, deren körperliche nnd
sprachliche Verschiedenheit sich in unzähligen Jahrtausenden festsetzte, im Lauf deren
sich diese Rassen getrennt hielten. Australien wurde das Land der Anstralschwarzen'",
Amerika das der Indianer" und Eskimos'2; südlich der Sahara bildeten sich Bnsch-
männer uebst Hottentotten'-'', besonders aber die Neger14; die übrige Ostfeste fiel fast
ganz der mittelländischen Rasse^ (Jndoenropäer'°, Semiten", Hamiten'^, Kaukasus-
Völker I5") und der mongolischen 2" anheim, nnr der äußerste SO (und teilweise Ma¬
dagaskar) der rnalaiistben21, deren Auszug auf die Jnselschwärme der Südsee bis
1) 47. 2) S. 96. 3) S. 71. 4) S. 46. 5) S. 70. 6) S. 41 f.
7) S. 44. 8) S. 43. 9) S- 55 f., 45. 10) 56. 11) 64. 12) 64. S- 47.
13) 76. S. 62. 14) 76. 15) 76. 16) S. 75. 17) S. 75, 66 (6). 18) S. 65,
66 (7), 68, 69 (10). 19) S. 75, 81. 20) 83. 90. 21) 83. S- 70 (2).