44 Die Sachsenkriege bis 777.
Tie Sachsenkriege bis 777.
Ehe Karl gegen die Langobarden aufbrach, hatte er schon den
größten Krieg seiner ganzen Regierung, der sich über 30 Jahre hinzog.
Die Sachsen. begonnen, den Krieg gegen die Sachsen. Dieser niederdeutsche Stamm.
in welchem die Cherusker, Chaukeu und andere Völkerschaften ausge-
gangen waren, wohnte zwischen Harz und Nordsee und von Elbe und
Etder bis nicht ganz zum Rhein und zur Issel. Sie gliederten sich in
vier Gruppen: die Westfalen um Ruhr, Lippe und obere Ems, die
Engern um die Weser, die Ostsaleu an dem linken Elbeufer und die
Nordleute oder Nordalbinger im heutigen Holstein. Bei den Sachsen
hatten sich altgermanische Einrichtungen auf deutschem Boden am längsten
und reinsten erhalten. Sie kannten kein Königtum, lebten nach alt-
germanischer Gemeinfreiheit und wählten nur auf Kriegsdauer sog.
Herzoge zu Heerführern. Diese und die Leiter der Volksversammlungen,
also zugleich der Volksgerichte, wurden aus dem Stamme der Edelinge
gewählt; nach ihm kam (nicht so angesehen, doch derselben politischen
Rechte teilhaftig) der Stand der Frilinge, der Gemeinfreien; darnach
der der Lassen oder Liten, d. i. Halsreien oder Pächter; endlich gab es
noch Knechte oder Leibeigene, meist Kriegsgefangene. Der politische
Zusammenhang der Sachsen war sehr lose: nur einmal alljährlich kamen
Gesandte aller Gaue bei Marklo a/Weser zur Beratung gemeinsamer
Sachsen und Angelegenheiten zusammen. — Zwischen Sachsen und Franken gab es keine
Franken. Naturgrenze; letztere bewohnten noch einen schmalen Strich
Landes auf dem rechten Rheinufer, wo Ruhr und Lippe sich zum Rhein
wenden. Darin liegt der Grund zu der jahrhundertelangen Stammes-
feindschast zwischen Sachsen und Franken, die sich in fortwährenden
Grenzverletzungen und Rachezügen von beiden Seiten vererbte. Diese
Feindschaft, zu der auch die Gegensätze von Königtum auf fränkischer
und altgermanischer Gemeinfreiheit auf sächsischer Seite beitrugen, wurde
nur noch verschärft, seitdem die Franken das Christentum angenommen
hatten und christliche Glaubensboten gerade an den fränkischen Königen,
besonders den Karolingern, Schutz und Unterstützung fanden, während
die Sachsen, (ähnlich wie die Friesen), mit aller Zähigkeit am alten
Heidentum festhielten. Schon die Merowinger, schon Karl Martell und
Pipin hatten mit den Sachsen Krieg geführt, aber ihre Heerfahrten
waren nur Rachezüge für Einfälle der Sachsen in fränkisches Gebiet,
sie beschränkten sich darauf, sächsische Gaue zu verwüsten und Tribm
(in Rindern und Pferden) von den Sachsen zu erheben, dachten aber
nicht daran, sie auf die Dauer zu unterwerfen oder zur Annahme des
Christentums zu zwingen. Erst Karl d. Gr. wollte der nahezu 800jäh-
rtgen Feindschaft der beiden deutschen Stämme ein Ende machen.
Unterordnung unter das fränkische Königtum und Annahme des
christlichen Glaubens waren aber nicht von einander zu trennen, und
gerade deshalb stritten die Sachsen mit so ungemeiner Erbitterung und
Ausdauer: sie kämpften für das Liebste und Verehrungswürdigste, was
sie kannten, ihre Freiheit und ihre Götter; besonders erbitterte sie der
„Zehent", den sie von nun an den christlichen Priestern entrichten
sollten.