Aegypter.
§. 10. a. Aegypten ist bis auf das fruchtbare, von Felsenketten
eingefaßte Nilthal eine Wüste. Von tropischen Regengüssen geschwellt,
überflutet der Nil alljährlich vom Juli bis September seine Ufer; vom
November bis Februar ist das Thal ein grüner Garten, vom März bis
Juni ein Staubgefild (Wasser-, Grün- und Erntezeit). Am fruchtbarsten
ist derjenige Theil des Landes, welcher zwischen den Mündungsarmen
liegt (das Delta, vom griechischen J — D). — b. Das ägyptische Volk,
das wahrscheinlich von Asien her eingewandert ist, war von Alters her
in Kastey getheilt: 1) die Krieger, aus deren Mitte gewöhnlich die
Pharaonen oder Könige Hervorgiengen; 2) die Priester, welche die
gottesdienstlichen Handlungen besorgten und Wissenschaften und Künste
trieben (Räthe und Diener der Könige, Richter, Aerzte, Lehrer, Bau¬
meister, Bildhauer, Feldmesser, Sternkundige); 3) die Kaufleute und
Handwerker; 4) die Ackerbauer; 5) die Hirten, welche sehr gering
geachtet wurden. Die Könige sah man als Stellvertreter der Gottheit,
als Herren über Land, Leib und Leben an. Sie wurden in die Priester¬
kaste aufgenommen, errichteten Tempel und opferten.^
H. 11. a. Die wichtigsten Götter der Aegypter: 1) O^rris, der
ewige, lebengebende und ordnende Sonnengott; 2) Isis, die gütige,
Fruchtbarkeit spendende Göttin der Erde; 3) Typhon, der böse, tod¬
bringende Gott der Wüste; 4) Horus, Sohn des Osiris und der Isis,
, der Gott des Lenzes und der Ueberwinder des Typhon. Den Göttern
waren mehrere Thiere geheiligt: Stier (Apis — ein schwarzer Stier mit
weißem Stirnfleck), Widder, Ziegenbock, Hund, Katze, Sperber, Ibis,
Krokodil, Ichneumon und manche Schlangen; man erwies denselben fast
göttliche Verehrung. — b. Die Aegypter glaubten an die Un st erblich -
keit der Seele und an die Seelenwanderung; die Leichname wur¬
den einbalsamiert (Mumien) und in geräumigen, prächtigen Gräbern bei¬
gesetzt, welche in die Felsen des westlichen Randgebirges eingehauen oder
unter der Erde (Katakomben) hergerichtet wurden. Vor der Bestattung
wurde ein Todtengericht gehalten; nach der Bestattung, so glaubte
man, sprächen auch die Götter ihr Urtheil, indem sie das Herz des Ge¬
storbenen auf eine Wagschale legten und seine Vertheidigung anhörten.
Die Seelen der Frommen wanderten zu den lichten, seligen Wohnungen
der höchsten Götter!, die Seelen der Gottlosen erduldeten die Qualen der
dunkeln Unterwelt und verbänden sich dann aufs neue mit einem mensch¬
lichen oder thierischen Leibe.
12. a. Unter den Baud enkmälern ragen die Pyramiden
(Grabmäler der Könige) durch ihre Größe hervor; die höchste derselben
maß ursprünglich an jeder Seite der Grundfläche 764', in der Höhe 480'
(jetzt noch 746 und 450'). Die Obelisken sind Spitzsäulen, 50—150'
hoch, aus einem Granitblock gehauen und dem Sonnengott geweiht.
Das Labyrinth war ein Reichspalast, welcher unter andern 12 bedeckte
Höfe, 3000 Zimmer und eine mächtige Pyramide enthielt. Sphinre
sind Löwen mit Menschenköpfen, welche den Sonnengott darstellten. —