62
Elementare mathematische Erdkunde
fr
III. Elementare mathematische Erdkunde.
Von Studienlehrer Dr. Clauß.
§ 1. Horizont. Blickt man von irgend einem freien Orte der Erde
um sich, so übersieht man vrnt der Erdoberfläche eine kreisförmige Scheibe.
Der Rand dieser Scheibe wird Gesichtskreis oder Horizont genannt (vom
griech. horizein, begrenzen) ; er trennt den sichtbaren von dem unsicht¬
baren Teile der Himmelskugel. Der senkrecht über dem Beobachter gelegene
Pmlkt der Himmelskugel heißt Zernth, der entgegengesetzte Punkt' Nadir.
Der Schatten eitles senkrecht aufgestellten Stabes liefert genall zur
Mittagsstunde die Mittagslinie; dieselbe trifft ben Horizont im Nord-
bez. Südpunkte. Die zur Mittagslinie Senkrechte trifft ben Horizont im
Ost- bez. Westpunkte, uild zwar so, daß ein nach Nord sehender Beobachter
den Ostplmkt rechts hat. Der durch Nordpunkt, Zeilith imb Südpunkt
gelegte Kreis heißt Himmels-Meridian.
Ohne Benutzung einer Uhr läßt sich die
Mittagslinie auf folgende Art bestimmen. Es
werde um den Fußpunkt a des senkrechten Stabes
iFig. 11) ein Kreis gezogen, hier etwa der in¬
nerste. Nun werden diejenigen beiden Stellen
c und ä des Kreises beobachtet, ans die im Laufe
eines Tages das Ende des Stabschattens trifft.
Die gesuchte Mittagslinie halbiert von a ans das
Bogenstück ock. Um größere Genauigkeit zu er¬
zielen, kann man die gleiche Beobachtung noch
für andere konzentrische Kreise anstellen. Als
Endpunkt des Stabes betrachtet man zweckmäßig
die Öffnung b in der Scheibe. Die hier an¬
gewandte Vorrichtung nannten die Alten das
Gnömön.
Nachts kann man die Nordsüd-Richtung mittels des Polarsterns finden. Ein
ans diesen Stern sehender Beobachter hat Nord gerade vor sich.
Auch bei bedecktem Himmel und unter der Erde kann die Mittagslinie stets mit
Hilfe der Magnetnadel gefunden werden, wenn man die Abweichung der Nadel
von der wahren N.S.-Richtung beachtet. Sie beträgt im mittleren Deutschland
gegenwärtig etwa 11" gegen Westen. Über die Abweichung der Magnetnadel an
anderen Stellen der Erde giebt eine Karte der Isogonen Aufschluß. S. auch S. 83.
§ 2. Bewegung des Sternhimmels. Das Himmelsgewölbe erscheint
als Träger der Gestirne. Gruppeit non Sternen werden zu Sternbildern
vereinigt, imb um sie nufzufinden, bedient man sich einer Sternkarte. Be¬
kannt ist das Sternbild des Großen Bären*) oder Wagens. Die Ver¬
bindungslinie seiner beiden Hinterräder führt, b^mal um sich verlängert,
nach dem Polarsterne. Dieser gehört zum Sternbilde des Kleinen Bären.
In ähnlicher Weise sindet man durch solche Verbindungslinien, das „Aligne¬
ment", andere Sterne und Sternbilder; dazu geben die punktierten Linien
des Kärtchens auf S. 63 Anleitung.
*) Eigentlich der Bärin, griechisch árktos; daher heißt der Erdgürtel um den Nord¬
pol der arktische, der entgegengesetzte der antarktische.