100
II. Länderkunde von Europa.
Lodz [iübjcf)], südwestlich davon, wird wegen der bedeutenden Baum¬
wollweberei, begünstigt durch die großen Kohlenlager, die von Schlesien
und Österreich nach Polen hinübergreifen, das „polnische Manchester"
genannt.
o) Das Dnjepr-Tiefland. Sein oberes, vornehmlich um den Pripet
und die Beresina gelegenes Gebiet ist die größte Sumpflandschaft Europas.
Seiu mittlerer Teil gehört den reichen Ackerlandschaften an, die man die
„Kornkammer Europas" nennt. Hier der bedeutende Industrie- und Me߬
platz Kiew [ftjeff] (Fluß?) an der alten Handelsstraße, die von der Nordsee
zum Schwarzen Meere führte. Von hier aus verbreitete sich das von Konstanti¬
nopel aus den Russen verkündete Christentum über das ganze Reich; noch heute
ist Kiew die „heilige" Stadt Kleinrußlands und ein berühmter Wallfahrtsort.
Die letzte Strecke des Stromes geht durch die Vieh- und getreidereichen
Pontischen Steppen, deren Ernten Odessa sadessast der wichtigste, an steiler
Küste gelegene Hafen Südrußlands, in den Handel bringt. An: Südrande
der Mittelrussischen Bodenschwelle entstand in der fruchtbaren Ukraine die
bedeutende Industrie- und Meßstadt Charkow [iatfoff]. — Das Becken
des dem Asöwschen Meere zufließenden Don steht im N in Verbindung mit
ck) dem Wolgaland. Beschreibe den Lauf der Wolga! Die von ihr in öst¬
licher Richtung durchströmte Landschaft ist das Kernland der Großrussen mit der
alten Hauptstadt und zweiten Residenz Rußlands, Moskau. Sie breitet sich am
Nordostrande des Mittelmssischen Landrückens auf einer hügeligen Ebene an der
Moskwa aus und ist der Mittelpunkt des Reiches, der Eisenbahnen, der
Industrie (Weberei, Leder, Metall, Porzellan) und des Binnenhandels, die
„heilige" Stadt aller Russen und der Sitz des altrussischen Adels, voll asiatischer
Anklänge. Südlich von Moskau erstrecken sich ausgedehnte Kohlenlager. Auf ihnen
entstand Tula, das silberne Zierwaren liefert und wegen seiner bedeutenden Metall¬
warenindustrie" das „russische Solingen" genannt wird. An der Einmündung
der Oka [dfa] in die Wolga ist Nishnij Nowgorod, die Stadt der großen Messen,
malerisch am Bergufer hingebreitet, vom Juli bis zum September von Asiaten über¬
füllt (Bild 37). Bei Kasan biegt der Wolgastrom nach 8 um und empfängt unter¬
halb der von vielen mohammedanischen Tataren bewohnten Stadt die Kama, den
Hauptfluß des malischen Bergwerksgebietes. Bei Ssamära beginnt die Sibirische
Überlandbahn. Nun geht der Strom vorbei an den schmucken deutschen Kolonisten-
dörfem, die unter Katharina II. entstanden. In ihrer Mitte der Handelsplatz Ssard-
to w. Die letzte Strecke fließt die Wolga durch die baumlose, salzige Kaspische Steppe,
die vorzugsweise von nomadisierenden Viehzüchtern durchzogen wird. Im weit¬
verzweigten Delta des Stromes liegt, von Obstgärten und Weinpflanzungen um¬
geben, Astrachan, Mittelpunkt großartiger Fischereien (Kaviar) und Vermittlerin
des russischen Handels mit Persien.
5. Bevölkerung. Rußland vereinigt sehr viele Völker, Sprachen und
Religionen; dennoch bildet es einen großen Einheitsstaat, da unter
den zahlreichen Völkerschaften der zur griechisch-orthodoxen Kirche sich be¬
kennende slawische Stamm der Russen drei Viertel der Bevölkerung aus¬
macht. Er besteht wieder aus Groß-, Klein- und Weißrussen.