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Geschichte der Geographie.
hindurch bis Konstantinopel, entdeckten 861 die FäröerMrör^gruppe, 867 das un-
bewohnte Island, d. i. Eisland, das bald ein Sitz der Wissenschaften wurde, im
Ansänge des 10. Jahrhunderts Grönland, d. i. grünes Land (so genannt im Gegensatz
zum Eislande, um durch den guten Namen Ansiedler herbeizulocken), später auch die
Küsten Nord-Amerikas bis etwa 42° n. Br.: Hellnland, Markland, Win Und, und
wurden so die Entdecker Amerikas lange vor den Spaniern.
In Grönland entstand i. I. 985 durch sie eine Kolonie, welche 2600 Pfund
Walroßzähne als Petruspfennig nach Rom lieferte, 16 Kirchen, 2 Klöster, 200 Weiler
und 2 Städte zählte und einen eigenen Bischof besaß. Die Hauptniederlassungen lagen
auf der Westküste, nicht allzuweit von der Südspitze Grönlands, dem Kap Farvel,
in dem jetzigen südlichsten Distrikt Julianehaab [f)öb], woselbst Ruinen von Kirchen
und Kirchhöfen, Überreste von Häusern und Wirtschaftsgebäuden, einzelne Stücke alter
Gerätschaften, ja sogar ein paar Inschriften teils in lateinischer, teils in Runenschrist
aufgesunden worden sind, und die über allen Zweifel erheben, daß hier Niederlas-
snngen nordischer Männer sich befunden haben. Weit geringer ist die Zahl solcher
Denkmäler der Vorzeit in dem nördlicher gelegenen Distrikt von Godhaab [f)öb];
nordwärts davon vollends sind diese Spuren sehr selten, wiewohl sich sogar noch
etwas nordwestlich von Upernivik ein vereinzelter Runenstein gefunden hat. Dagegen
haben die jüngsten antiquarischen Untersuchungen zur Entdeckung irgendwelcher Über-
reste altnordischer Kultur an der Ostküste nicht geführt*); denn diese war, wie aus alten
Berichten, und zahlreichen, mit Sicherheit überlieferten Unglücksfällen ganz unzweifelhaft
hervorgeht, in der Vorzeit schon ziemlich ebenso mit Eis besetzt, wie in der Gegen-
wart; nur ganz teilweise scheint das Eis zwischen dem 10. und 14. Jahrhundert etwas
weiter südwärts gerückt zu sein. — Mit dem Übergange des selbständigen Freistaates
Grönland unter die Herrschaft der norwegischen Könige begann der Verfall, hervorgerufen
sowohl durch eine verkehrte, monopolisierende Handelspolitik, als auch durch die heftigen
Angriffe des ostwärts wandernden Eskimostammes der Skrä linger**), so daß seit dem
Anfange oder doch längstens seit der Mitte des 15. Jahrh. aller Verkehr Grönlands mit
der civilisierten Welt abgebrochen war. Erst 1721 erfolgte eine zweite Kolonisierung durch
den norwegischen Pfarrer Hans Egede [Ejede], der zwar nur tote Spuren von den
alten nordischen Ansiedlern vorfand, aber als Missionar eine segensreiche Thätigkeit unter
den Eskimo entfaltete, zu deren weiteren Bekehrung seit 1733 die Brüder-Unität (Grün-
dnng von Neu-Herrnhut) mitwirkte.***)
Da die Normannen seit 1018 als Eroberer in Neapel und Sicilien auftraten, so
ist es erklärlich, daß das vervollkommnete Seeschiff auch den Völkern Italiens bekannt
wurde, welche durch die Erfindung der Magnetnadel dasselbe vollends instandsetzten,
durch die weiten Meere der noch unbekannten Hemisphäre den Weg zu finden.
Neuere Zeit.
§ 29. Nachdem die kanarischen Inseln entdeckt und durch den Portugiesen
Bartholomäus Diaz [Dias] 1487 das Kap der guten Hoffnung erreicht war, ge-
langte Vasco de Gama 1498 nach K-Uikut aus der Küste M-Uabar, und die Portu-
giesen begannen ihre Herrschaft in Indien und im persischen Meerbusen (Ormüs) aus-
zubreiten, während die Spanier, welche durch Columbus 1492 auf Guanahani
*) Nur im äußersten S.- O. sind 1881 Ruinen einer Normannen-Niederlassung aufgesunden
worden. Vgl. Brodbeck: Nach Osten. Untersuchungsfahrt nach der Ostküste Grönlands vom 2. bis
12. Aug. 1881. Niesky 1882.
**) Die Beschreibung dieses Volkes als eines häßlichen, dunkelfarbigen Menschenschlags mit
breiten Backenknochen, großen Augen und wirrem Haar, die Angaben über ihre Lederboote, ihre
Pelzkleider, ihre Gerätschaften von Stein oder Zahn und Fischgräten und ihre Unbekanntschaft
mit dem Eisen u. dgl. m. lassen deutlich die Eskimo-Rasse erkennen.
***) Vgl. Die zweite deutsche tlordpolarfahrt u. s. w. Daselbst: Geschichte der Entdeckung
Ost- Grönlands von Maurer, S. 203—288.