40 Geschichte der Geographie.
Reisewerke niederlegte: Reisen nach den Aequiuoktialgegenden des neuen Continents
in den Jahren 1799 —1804. Den Spuren des großen Reisenden folgend,
arbeiten seitdem zahllose Jünger für eine tiefere Erkenntniß unseres Planeten.
Die größte Bedeutung für den Handel wie für die Auswanderung erlangte
seit dieser Zeit Amerika, wo ein verjüngtes Menschengeschlecht mit den Erfahrungen
des alten in einem Erdtheile, dessen Produktionsfähigkeit größer ist, als die irgend
eines auderu, unter ganz neuen Bedingungen eine neue Welt schafft, dereu der-
einstiger Einfluß aus die alte sich nicht berechnen läßt. Zugleich hob sich der
Berkehr über den großen Ocean mit der Entdeckung des Goldreichthums in Cali-
fornien und des aufblühenden Handels von San Francisco, das seit 1869
durch die Pacific-Eisenbahn mit der Ostküste verbunden ist. Nördlich und
südlich davon sind andere Bahnlinien in derselben Richtung bereits vermessen;
endlich haben in jüngster Zeit die Vorstudien zu dem Kanalbau durch deu Isthmus
von Panama, dem Seitenstück des Snez-Kanals, begonnen, und es stehen auch
hier neue geographische Ergebnisse in Aussicht. Desgleichen werden in Süd-Amerika
die Andes binnen nicht ferner Zeit von einer Anzahl Schienenwege (in Peru allein
von sechs) überschritten sein.
Die Ausführung eines Unternehmens von hoher kulturgeschichtlicher und
handelspolitischer Bedeutung hat Afrika mit der 1869 erfolgten Eröffnung des
unter der Leitung von Lefseps während zehn Jahre gebauten Snez-Kanals
aufzuweisen. Schon zehn Jahre vor Beginn dieses kostspieligen Kanalbaues führte
ein von Richardson, Barth und Overweg sehr bescheiden angefangenes
Unternehmen zur Entdeckung des räthselvollen Central-Afrika. Mehr als 199
Reisende waren seit dem Jahre 1798 als Opfer ihres Eifers, dasselbe zu ersor-
scheu, gefallen, auch Richardson (f 1851) und Dr. Overweg (| 1852 an den
Ufern des von ihm zuerst besahreuen Tsad-Sees) erlagen dem afrikanischen Klima;
mit eiserner Beharrlichkeit setzte indessen Dr. Barth seine gefahrvolle Reise fort, er-
reichte Timbnktn, die berühmteste aller Städte Jnner-Afrika's, und hatte das seltene
Glück, wohlbehalten heimzukehren (am 8. Sept. 1855 landete er in Marseille),
während Dr. Vogel, die unvergleichliche Erforfchuugsreife der Deutschen in dem
großen Continent fortsetzend, im Lande Wadai (Febr. 1856) ermordet wurde.
Da Jahre lang keine sichere Nachricht über sein Schicksal eintraf, traten 1869
unter Theodor v. Heugliu fünf Deutsche eine neue Expedition nach Afrika an,
welcher Moritz v. Beurmann nachfolgte. Die Hoffnung, in 3 — 4 Jahren
die von Barth, Overweg und Vogel gewonnenen Forschungen zum Abschluß zu
bringen, erfüllte sich nicht. Daß Vogel ermordet sei, wurde zur Gewißheit, auch
konnte man einen großen Theil seiner wichtigen Reise-Anfzeichnungen retten, doch
gelang es nicht, bis nach Wadai vorzudringen. Von den sechs Reisenden erlagen
Beurmann, Steuduer und Schubert, nachdem auf besonderen Expeditionen von
Barnim 1869 am blauen Nil, Harnier das Jahr darauf am weißen Nil den
Tod gefunden hatten. Eine Erweiterung und Vervollständigung erhielten die
von Barth und Vogel gewonnenen Ergebnisse durch die von G. Rohlfs aus
Bremen in den Jahren 1863—67 glücklich ausgeführte Unternehmung (von Tri-
polis bis Lagos). Derselbe kühne und allseitig erprobte Afrika-Forscher hat
(1873 und 1874) eine zweite, diesmal von Aegypten aus angetretene Reise zu
umfassenderer Erforschung der von ihm schon 1869 nachgewiesenen Bodenvertiefung
der nordöstlichen Sahara glücklich ausgeführt, wenn auch ein großes Sandmeer
mit Dünen von 100— 150 rn (308' — 462') Höhe einen anderen Hauptzweck
der Expedition, das Vordringen nach der Oase Kufrah, unmöglich gemacht hat.