Full text: Deutsch-Afrika und seine Nachbarn im schwarzen Erdteil

Die Krokodilengrotte von Maabdeh. 185 
Ich sah eine Scene so abscheulicher Grabesschändung vor Augen, 
daß selbst Hassan, der an die Achtung gegen Tote, welche nicht dem 
Geschlechte der Rechtgläubigen angehören, wenig gewohnt war, im 
Namen seiner Landsleute jede Beteiligung an diesem Frevel zurück- 
weisen zu müssen glaubte. „Es sind englische Reisende, die das ge- 
than haben!" rief er aus. Und ich habe Gründe, an die Wahrheit 
seiner Aussage zu glauben. Ist es jedoch möglich? 
Ich erzähle keine erfundene Geschichte und setze meine Phantasie 
keiner empörenden Scene wegen in Unkosten. Irgend ein Mensch, 
Muselmann oder Christ, hat diese armen Leichname von Maabdeh 
auf eine, für seinen Glauben und sein Volk, ja für die ganze Mensch- 
heit schändliche Weise mißhandelt, und, was die rohesten Wilden 
nicht thun würden, weder Alter noch Geschlecht geschont. Ohne ir- 
gend einen Zweck waren die Körper auseinander gerissen, die Glieder 
auf dem Boden ausgestreut, die Schädel ihrer Haare beraubt wor- 
den. Nur ein Tollhäusler oder Fanatiker konnte diese Schandthat 
gethan haben. 
Wir drangen nun weiter vor und erreichten eine jener uuge- 
Heuren Höhlen, die vor Jahrhunderten als Grabstätten der heiligen 
Krokodile dienten. Es bot sich uns ein wahrhaft merkwürdiges 
Schauspiel dar. Die Tiere lagen auf dem Boden, so dicht als mög- 
lich nebeneinander, jedes den Kopf zu Füßen des anderen und 
ebenso, durch Palmblätter getrennt, schichtweise übereinander. Bis 
wie weit sich diese Grüfte in den Berg hinein erstrecken, kann nie- 
mand sagen; wir konnten nur zwei besuchen. Die Höhlen sind 
durchaus nicht das Werk von Menschen, auch müssen sie einen an- 
deren, den Haupteingang haben — da es vollständig unmöglich ist, 
Krokodile, deren viele von kolossaler Größe waren, auf dem von uns 
eingeschlagenen Wege hineinzubringen. 
Wie es scheint, wurden die Krokodile zuerst reihenweise aufein- 
ander geschichtet, bis die Höhle gänzlich damit angefüllt war; darauf 
ging man zur Grotte daneben und füllte sie auf dieselbe Weise. Es 
war uns also unmöglich, die Länge und Ausdehnung der Gruft 
abzuschätzen, nnd niemand wird dieses vor Ausleerung derselben 
thun können. 
Besonders bemerkenswert bei diesen sonderbaren Bestattungen 
ist die außerordentlich große Zahl junger Krokodile, selbst solcher, 
die noch im Ei, oder kaum demselben entschlüpft sind. Sie sind zu 
je zwanzig mit Mumieulinnen in Packeten zusammengerollt, die zu
	        
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