262 Bilder von der Goldküste.
Früchte; das prachtvolle Gefieder ihrer Vögel; die unendliche Man-
nigsaltigkeit des Tierlebens, das in ihren wilden Dschnngle-Strichen
haust: — dies alles umkleidet sie mit einem unbeschreiblichen Zauber,
der ein unbestimmtes und wunderbares Interesse in uns erweckt.
Wenn der Fremdling ihr vom Atlantischen Ocean aus nahet und
ihren Küstensaum duftig und verschwommen in der Ferne zum ersten
Male erblickt, zeigt sie sich ihm mit einem Nebelmantel überdeckt
und bietet der Phantasie solch ein traumgleiches Bild dar, daß es
geringer Anstrengung bedarf, um ihre Odnisse mit selbstgeschasseuen
Wesen zu bevölkern. Rückt man ihr näher, so nimmt sie einen me-
lancholischen, monotonen Anblick an, der auf das Gemüt einen un-
angenehmen, trüben und beklemmenden Eindruck macht, welcher
durch den Gedanken noch verstärkt wird, daß man hier die Wohn-
statten eines wilden Lebens vor sich sieht.
Ein dunkles, undurchdringliches Geheimnis scheint im Schatten
der düstern Wälder zu schweben, die so recht geeignet sind, als
Stätten für wilden Götzendienst und grausamen Aberglauben zu
dienen. Wenn er aber dem Ufer näher kommt und die verschiedenen
Züge der Physiognomie der Landschaft deutlich und markiert heraus-
zutreten beginnen, ruft er natürlich seine Gedanken hinweg aus dem
Reiche der Phantasie, um seine Aufmerksamkeit dem neuen, sich vor
ihm aufrollenden Schauspiel zuzuwenden. Der sanfte Seewind, der
mit ziemlicher Regelmäßigkeit weht, hat die Segel seines Schiffes
geschwellt, und dieses gleitet durch die kräuselnden, leise anschlagenden
Wellchen der See hindurch, die glitzernd daliegt im Strahlen eines
blauen uud wolkenlosen Himmels. Er ist betroffen von dem pitto-
resken Anblick einer ganzen Flotte wirr durcheinander nach dem
Strande zusteuernder Fischerkähne mit ihren Mattensegeln und ihren
nackten Fischern, nachlässig hingestreckt in ihren gebrechlichen Barken,
die schlecht geeignet scheinen, den Gefahren des Meeres zu trotzen.
Er vernimmt die fernen Töne ihrer rauhen Gesänge oder mehr in
der Nähe das wilde Gegurgel einer unverständlichen Sprache. Er
sieht ihnen nach, wie sie dem Strande nahen, an welchem sich die
Brandung mit ihrem ewigen Wogenschwalle bricht, durch den die
Nachen furchtlos nach dem Lande schießen. Er gewahrt geschäftige
Gruppen nackter, schwarzbrauner, glänzender, unstät sich hin- und
herbewegender Gestalten, die ihnen beim Landen entgegenkommen
und ihre Kanoes ans Ufer heraufziehen.
Er läßt sein Auge die Richtung der Küste verfolgen und auf