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gleiche Stellung zu der letzteren haben; denn die Zentrale ist senkrecht zur Erd¬
achse. Ihre Verlängerung bis zum Himmel gibt die Äquinoktiallinie.
Der von den Sonnenstrahlen senkrecht getroffene Punkt liegt im Äquator; die
Lichtgrenze geht durch die Pole und halbiert demnach alle Parallelkreise. Denken
wir uns nun die Erde von W nach O rotieren, so muß jeder Ort der Erde, die Pole
ausgenommen, ebensolange in der Licht- als in der Schattenseite verweilen, d. h.
Tag und Nacht sind auf der ganzen Erde einander gleich. Für die nörd¬
liche Halbkugel beginnt der Frühling, für die südliche der Herbst. Den Äquator¬
bewohnern kulminiert die Sonne zu Mittag im Zenite und macht sie unschattig.
Auf den Wendekreisen steht sie 231/2° nach S resp. N; den etwaigen Polbewohnern
aber scheint sie den Horizont zu umwandeln, ohne sich über denselben zu erheben.
Der geozentrische Ort der Sonne ist am 21. März der Frühlingspunkt Y oder
der Anfangspunkt des Zeichens des Widders, im Anfange des Sternbildes der
Fische. Für alle Erdbewohner scheint die Sonne als Tagkreis den Himmelsäquator
zu durchlaufen.
Heliozentrisch würde die Erde im Herbstpunkte ^ im Zeichen der Wage, aber
erst im Sternbilde der Jungfrau gesehen werden.
Vom 21. März bis zum 21. Juni rückt die Erde allmählich durch den vierten
Teil ihrer Bahn, bis sie am letzteren Tage die Stellung bei II eingenommen hat. Auf
diesem ganzen Wege wendet sich die nördliche Halbkugel mehr und mehr der Sonne
zu, die südliche von ihr ab; die Lichtgrenze schreitet deshalb mehr und mehr über
den Nordpol vor und weicht in demselben Verhältnis vom Südpol zurück, bis sie am
21. Juni von beiden Polen je 231¡2° entfernt ist und die beiden Polarkreise streift,
so daß der nördliche Polarkreis ganz in der Licht-, der südliche ganz in der Schatten¬
seite liegt. Der senkrecht getroffene Punkt liegt nun 23'/2° nördlich vom Äquator,
im nördlichen Wendekreise. Bei der dadurch bedingten Lage der Lichtgrenze werden
nicht mehr alle Parallelkreise, sondern nur, wie beständig, der Äquator durch dieselbe
halbiert. Nur hier sind Tag und Nacht noch einander gleich geblieben; auf allen
anderen Punkten sind sie ungleich. Die nördliche Halbkugel hat ihren längsten, die
südliche ihren kürzesten Tag; auf jener beginnt der Sommer, auf dieser der Winter.
Dem Äquatorbewohner steht nun die Sonne zu Mittag 231/2° nördlich vom
Zenite; für den Bewohner des nördlichen Wendekreises aber kulminiert sie im Zenite
und macht ihn unschattig. Dem Bewohner des nördlichen Polarkreises aber geht sie
am 21. Juni gar nicht unter; denn er streift um Mitternacht nur die Schattenseite;
sein längster Tag ist deshalb = 24 Stunden (von der Strahlenbrechung und Däm¬
merung abgesehen).
Der Nordpol der Erde lag vom 21. März bis zum 21. Juni beständig in der
Lichtseite. Am ersteren Tage begann für ihn der 6 Monate lange Tag, dessen Mittag
er am 21. Juni hat. Er hat bisher die Sonne vom Horizonte bis zu 231¡2° Höhe, vom
Himmelsäquator bis zum nördlichen Wendekreise, sich emporschrauben sehen.
Ein Bewohner des südlichen Polarkreises, wenn anders es derselben gibt, streift
zur Zeit seines Mittags nur eben die Lichtgrenze, um sogleich wieder in die Schatten¬
seite zu tauchen: er hat seine 24stündige Nacht. Ein etwaiger Bewohner des Süd¬
pols aber hätte vom 21. März bis zum 21. Juni ununterbrochen in der Schattenseite
zugebracht; er hätte jetzt die Mitternacht seiner 6 Monate langen Nacht.
Während die Erde von I bis II durch 90° ihrer Bahn schritt, mußte die Sonne
geozentrisch ebenfalls 90° am Himmel fortzuschreiten und die Frühlingszeichen:
Widder, Stier, Zwillinge, oder, wie aus der Figur zu erkennen, die Sternbilder: Fische,
Widder, Stier und einen Teil der Zwillinge, zu durchlaufen scheinen. Die Sonne