50 Erster Zeitraum. Geschichte der Germanen
streitig machte, ergaben sich schließlich Kämpfe, die den Untergang des Lango-
bardenreiches Ausgang des 8. Jahrhunderts zur Zolge hatten.
Erst nach dem Verlust der nationalen Selbständigkeit ging der Verschmel¬
zungsprozeß zwischen Langobarden und Italienern schneller vor sich. Es liegt
eine beklagenswerte Tragik darin, daß das so entstandene Mischvolk der Lom-
bar den beute noch an deutschfeindlicher Gesinnung kaum von einem anderen
europäischen Volke übertroffen wird.
§ 23. Chlodwig und bas SranKenreich unter den ZNerorvingern.
vgl. Lehrbuch Bö. I, § 11.
1. Die Einwanderung der Franken in Gallien und die Gründung des Frankenreiches
durch Chlodwig.
Die Besetzung Nordostgalliens durch die salischen Kranken stellt die dritte
Zorm von Besitzergreifung römischen Gebietes durch Germanen dar. Wanderten
die Gstgermanen fast in ihrer Gesamtheit aus; lösten sich bei den Angeln und
Sachsen einzelne Volksteile von der Heimatscholle ab, so behielten die Kranken
im wesentlichen ihre alten Gebiete, lockerten sich als Stamm nur auf und schoben
die am weitesten westlich wohnenden Völkerschaften, denen sich vermutlich starke
Scharen junger, unternehmungslustiger Mannschaft angeschlossen hatten, nach
„Toxandrien" und Nordostgallien hinein. Sie hielten so den unmittelbaren Zu¬
sammenhang mit der Heimat aufrecht und bewahrten sich vor der Gefahr, als
losgetrennte Volksteile von einer zahlenmäßig und kulturell überlegenen volks -
fremden Bevölkerung der neubesetzten Gebiete in kurzer Zeit aufgesogen zu
werden.
So war auch wenigstens fürs erste die (Erhaltung der ursprünglichen Zustände
in Wirtschaft, Hecht und Verfassung gewährleistet. Das bei Saliern und Ripu¬
ariern bestehende Gaukönigtum hatte an der alten Auffassung nichts geändert,
daß das Regieren eine Angelegenheit der Volksversammlung sei. Dem „Könige"
lag nur die Ausführung der Dingbeschlüsse und die Anführung des Heeres-
aufgebotes ob. Die Vereinigung der drei fränkischen Stammesgruppen und ihre
Verschmelzung zu einem fest geschlossenen Staatswesen, das die Grundlage der
gesamten Staatengeschichte IDest- und Mitteleuropas bis in unsere Zeit hinein ge¬
worden ist, vollführte der Salier Chlodwig.
Chlodwig, 481—511, Sohn des Gaukönigs von üournai, Abkömmling des sagen¬
haften Königs ITIeroroäus, war der gewalttätigste unter den Königen der volker-
wanöerungszeit. Don Theoderich öem Großen unterschied ihn im besonderen der
Mangel jedweden Gemeinschaftsgefühls mit den anderen Germanenstämmen und die
verständnislosigkeit gegenüber aller Wissenschaft, Kunst und Kulturmoral.
Er beseitigte (486) die seit 476 von Rom völlig unabhängige Herrschaft des „Königs der
Römer" Syogrius, besiegte die fllamanneit (496), besetzte zeitweilig auch das Reich der
Burgunder, entriß nach der Schlacht bei Poitiers (507) den Westgoten alles Land zwischen
Loire und Gerönne und wurde nur durch Theoderich den Grotzen verhindert, die West-
goten ganz aus Gallien zu vertreiben.
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