Full text: Beschreibende Geographie

30 Die Erdoberfläche überhaupt. 
fast jeder in seiner Art gewisse Hauptpunkte und Hauptpartieen des Laufs 
dar, wornach er im Besonderen zn betrachten ist (vgl. §§. 72. 73). Bei 
allen aber hebt sich der Quellbezirk, in welchem er ans mehreren ein- 
zelnen Quellen (convergirenden Qnellarmen) allererst zusammen rinnt, und 
der Mündungsbezirk heraus, in welchem er sich entweder theilt ldiver- 
girendeMündungsarme; Deltamündungen) oder ohne Theilung beträchtlich 
erweitert (Li in an e, d.h. golsartige Mündungen) — Im übrigen Theil des 
Flußlauss bilden enge Durchbruchsthäler, deren engste Stellen Strom- 
engen (Pässe §. 22) heißen, und weite Thalflächen (seeartige Thalsohlen 
uud Thalbecken, welche auch wohl ehemals wirklich Seen waren, mitunter 
auch Meerbusen), hervorstechende Partieen (oft in mehrfachem Wechsel)'^. 
Dazu kommen als Stellen von besonderer Bedeutung: ansehnliche Vermeh¬ 
rung der Wassermenge durch Zuflüsse, wovon (nebst sanftem Gefälle) die 
Schiffbarkeit abhängt; durchgreifende Aenderung der Richtung; Bildung 
von Inseln (Auen, Werder), sowie von Seen (Flußseen, §. 27); Steige¬ 
rung des Gefälles zu Stromschnellen und Wasserfällen (Katarakten^, 
häufig in Verbindung mit Stromengen); Flußschwinden, wo das Thal 
ssch in unterirdische Schluchten gleichsam „verliert". Ferner sind die ver- 
schiedenen Wasserstände zu verschiedenen Zeiten, und insbesondere die 
Ueberschwemmungen ° bedeutsame Erscheinungen an den Flüssen; sowie 
ihre Geschiebe s deren Wirksamkeit sowohl zeitweise bei Hochwasser, als fort- 
während an Stellen reißender Strömung, am beträchtlichsten hervortritt. 
Endlich sind Veränderungen des Flußlauss zu erwähnen, wie Versandun- 
gen nnd Versumpfungen, besonders aber förmliche Wanderungen des 
Flußbetts, zum Theil in großem Maßstab7. — Während die Ströme über- 
Haupt keinen scheidenden Einfluß aus ihre beiderseitigen Ufer üben, wo in 
der Regel die Natur dieselbe ist <also keine eigentlichen Naturgränzen 
§. i t): so verbinden sie vielmehr Länder in verschiedenen Theilen ihres Laufs, 
und wie ihnen an der Production derselben ein Hauptantheil zukommt, in¬ 
dem auf ihnen vornehmlich das Wesen eines Culturlands (§. 30) beruht, 
so bewerkstelligt sich auch durch sie, als Hauptwegen des Verkehrs, der Aus- 
tausch jener Erzeugnisse. Ja sie sind die Leiter der Ansiedlung selbst, wobei 
alle jene Umstände ihres Laufs eine Rolle spielen, so daß man nach densel- 
ben verschiedene Klassen von Städten unterscheiden kann^. 
' Wenn man auch sagt, daß der obere, mittlere und untere Lauf dem Hochland, 
(Mittel-) Stufenland unö Tiefland (§. 14) beziehungsweise entspreche, so bezieht sich diese 
Bestimmung eigentlich nur auf solche Ströme, welche (wie der Rhein) in den höchsten 
Erhebungen des Landes entspringen und überdies daraus nicht unmittelbar (wie der Po) 
in ihr Mündungstiefland übergehen, und fällt keineswegs immer mit der ersten Bestim- 
mung zusammen. 
2 Uebrigens können auch einzelne Arme eines Deltas sich wieder limanartig gestal- 
ten uno bei allen Strommündungen ist die unter dem Namen Aestuar bekannte Strecke 
von besonderer Bedeutung, bis zu welcher die Flu t h-Eb be hinaufdringt (oft weit land- 
einwärts bei großen Strömen, vor allen beim Amazonas §. 110). — Bei den Limanen 
herrscht die Wegschwemmung vor, bei den Delta die Anschwemmung (6), weß- 
halb die letzteren hauptsächlich da sich finden, wo eine der Küste entlang gehende Meeres- 
strömung die Verschwemmung des Flußgeschiebes ('') verhindert. 
3 Dabei waltet in der Bildung solcher Gebirgsdurchbrüche das allgemeine 
Gesetz, daß den Bergvorsprüngen und Schroffheiten auf der einen Seite des Thals Thal- 
einbuchtungen und sanfte Gehänge auf der anderen gegenüberstehen ? nur ausnahms- 
weise kommen gleich schroffe Thalwände auf beiden Setten vor, meistens in den über-
	        
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