II. Europa im Uebergange aus dcm Mittelattcr in die Neuzeit.
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Wallenstein, Tilly, der Herzog von Braunschweig, Bernhard von
Weimar, die größten Namen Deutschlands. In derselben Zeit in
Frankreich die Thronbesteigung Ludwigs XIV., Anfang der Fronde.
In England die Revolution gegen Karl I. und dessen Entthronung.
Ich habe hier nur die bedeutendsten Ereignisse der Epoche herausge¬
hoben, Ereignisse die jeder dem Namen nach kennt, und wie groß
ist ihre Menge, ihre Mannichfaltigkcit, ihr Einfluß. Fragen wir
nach Thatsachen von einer anderen Natur, nach minder hervortreten¬
den, die sich weniger auf Eigenuamen resumiren, so finden wir
hiermit diese Epoche ebenfalls überladen. Es ist dieß eine Zeit der
größten politischen Veränderungen bei allen Völkern, die Zeit, wo
die reine Monarchie fast in allen Staaten die Oberhand gewinnt,
Holland sich zur mächtigsten europäischen Republik emporhebt und in
England die eonstitutionellc Monarchie den entschiedenen Sieg davon
trägt. In der Kirche verlieren die alten Orden fast alle ihre politi¬
sche Macht, sie werden aber durch einen neuen von anderer Natur
und größerer Bedeutsamkeit, durch die Jesuiten ersetzt. Gleichzeitig
verwischt das Concilium von Trient noch die letzten Spuren des
Koftnitzer und Baseler und sichert der römischen Kurie den vollständigsten
Sieg in der kirchlichen Welt. Treten wir aus diesem Kreise heraus
und werfen wir einen Blick auf die Philosophie und die freie Bahn
des menschlichen Geistes. Hier haben wir Bacon und Descartes,
die Urheber der größten Umgestaltung der Philosophie in der neue¬
ren Zeit, die Häupter zweier sich um die Obergewalt streitenden
Schulen. Es ist auch die Zeit des Glanzes der italienischen Litera¬
tur, und des Anfangs einer französischen und englischen, es ist dieß
die Zeit, wo die großen Kolonien gegründet werden und die thätigste
Entwickelung des Handelssystems vor sich geht.
Hiernach ist diese Periode, von welchem Gesichtspunkte aus wir
sie auch betrachten mögen, reicher an mannichfaltigen und einflu߬
reichen, politischen, kirchlichen, philosophischen und literarischen Er¬
eignissen, als irgend eins von den vorhergehenden Jahrhunderten.
In jedem Sinne, in den Beziehungen der Einzelnen zu einander, in
ihren Beziehungen zur Gewalt, in den Beziehungen der Staaten zu
einander, in den rein intellectuellen Arbeiten, überall manisestirt sich
die Thätigkeit des menschlichen Geistes, kurz cs ist eine Zeit der
großen Männer und Ereignisse. Unter diesen ragt aber wieder die
kirchliche Revolution über alle hervor, sie bildet das vorherrschende
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