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Eine sehr eigentümliche Erscheinung hat in neuerer Zeit einer der
Kometen dargeboten, die sich nicht über die Jupitersbahn hinaus entfernen.
Der Biela'sche Komet bot nämlich bei seiner Erscheinung 1845 bis
1846 das bis dahin völlig unbekannte Phänomen dar, daß er sich in
zw ei Kometen von ganz gleichem Ansehen und nahezu ganz gleichem Glänze
th eilte. Man sah in den letzten Decembertagen den Kern sich in die
Quere verlängern und gleichzeitig das Ganze breiter werden. Allmählich
zeigte sich eine Längsspalte im Schweife und bald darauf auch im übrigen
Theile, so daß man zwei Köpfe sah. Nicht lange, so theilte sich das Ganze
völlig, und zwei Kometen standen in nicht geringer Entfernung von ein-
ander. Spätere Beobachtungen haben gezeigt, daß sie sich immer weiter
von einander entfernen und jeder derselben eine eigentümliche Laufbahn
hat. 1872 hat sich der Biela'sche Komet sehr unserer Erde genähert, und
an dem Tage, als dies geschah (27. Nov.), fand ein starker Sternschnuppen*
fall statt, wodurch die Ansicht Schiaparelli's in Mailand über die Ko-
meten bestätigt worden ist. Nach ihm entstehen die Kometenerscheinnngen
durch eine große Zahl einzelner kleiner Körperchen, welche sich in dem be-
treffenden Räume verhältnißmäßig nahe nebeneinander befinden, ohne je-
doch eine fest zusammenhängende Masse zu bildeu. Ein Komet würde dem-
nach als ein dichter Schwärm von Sternschnuppen anzusehen sein, aus
welchem sich auch einzelne Theile ablösen können, die dann als verein-
zelte Sternschnuppen, oder — wenn sie sich in Folge gegenseitiger
Anziehung zusammenballen — als Feuerkugel das Weltall durchwan-
dern und auch gelegentlich auf die Erde gelangen, wenn sie derselben so
nahe kommen, daß sie von ihr angezogen werden.
4) Die Sternschnuppen sind Lichtfunken, welche in sternenhellen
Nächten am Himmel wie Raketen blitzschnell hinschießen und meistens hell-
farbig, doch auch gelblich, rothgelb und violett erscheinen, was auf eine
verschiedenartige Zusammensetzung schließen läßt. Sie sind zu allen Jahres-
Zeiten wahrzunehmen, am häufigsten jedoch um den 19. August und den
11. bis 15. November. Die November-Periode erreicht wieder alle 33
Jahr ihr Maximum, was die Jahre 1799, 1833 und 1866 uuwider-
sprechlich erwiesen haben. In diesen Jahren war am 12. bis 14. No-
vember in den verschiedensten Gegenden der Erde der Sternschnuppenfall
so außerordentlich groß, daß man den Anblick eines himmlischen Feuer-
Werks genoß. Alle bewegten sich in der Richtung von Osten nach Westen,
in der Richtung zum Sternbilde des Löwen, nach welchem in dieser Zeit
die Erde gerichtet ist. Für die August-Periode liegt der Hauptausgangs¬
punkt im Algol des Perseus, was mit der Stellung der Erde um diese
Zeit zusammenhängt. Im November 1866 ist auch der außerordentliche
Fall des Aufeinandertreffens zweier Sternschnuppen vorgekommen. Beide
Sternschnuppen zerplatzten beim Zusammenstoß und ließen einen ringför-
inigen Kranz von Funken zurück.
Es ist jetzt keinem Zweifel mehr unterworfen, daß die Sternschnuppen
und andere feuerige Meteore dem Kosmos, dem Welträume, angehören,
und meistens sehr kleine, zuweilen aber mehrere Centner schwere feste Kör-
per oder nach der schon mitgetheilten Ansicht Schiaparelli's Kometener-
scheinungen sind, die in einem Strome von großer Mächtigkeit, vielleicht
auch in zwei Strömen, die Sonne umkreisen. Die Ströme liegen nicht in
der Ebene der Erdbahn, sondern schneiden dieselben in zwei Punkten (Kno-
ten). Im August kommt die Erde dem einen, im November dem andern