Full text: Lehrbuch der allgemeinen Geographie für höhere Lehranstalten

106 Europa. 
Die ostwärts gelagerte Tiefebene hat felsigen Untergrund und ist vielfach 
durch malerische Felfenhügel unterbrochen; Moor-, Sand- und Heidestrecken 
sind selten, der Boden vielmehr fast allgemein sehr fruchtbar und wohl an- 
gebaut, namentlich im SO. — Am Avon beginnt in der Nähe von Bristol 
ein Hügel zug von Jurakalk, der gegen NO. und später N. bis zum 
Humbre zieht; er scheidet das industrielle England von dem mehr dem 
Landbau zugewendeten Landesteile. Eine andere Kette von niedrigen Kreide- 
Hügeln zieht vom Kennet-Avon-Kanal nach ONO. und scheidet im 
weiteren Verlaufe das Gebiet der Wafh-Onse von dem der Themse. Die 
genannten Hügelzüge siud niedrig genug, um von Kanälen und Flüssen durch- 
brochen zu werden (durch den Grand-Juuctiou- und Oxford-Kanal, 
sowie durch die Themse und den Severn-Avon). — Auch im S. des 
Themsegebietes treten Ketten von Kreidehügeln auf, welche ostwärts streichen, 
eine derselben endet mit den Kreidefelsen von Dover. Das zwischen den 
Kreidehügeln eingesenkte Becken der unteren Themse trägt außer der 
kolossalen Weltstadt London eine reiche Fülle stark bevölkerter Ortschaften, 
die eigentlich zu Loudon gehören. 
In Irland beträgt die Tiefebene 85 °/o des ganzen Gebietes, und 
Zwar liegt dieselbe vorzugsweise in der Mitte, während die Küste ringsum 
mit über 1000 m hohen isolierten Bergmassen umsäumt ist. Die centrale 
Ebene wird von dem Shannon in vorwiegend nord-südlicher Richtung be- 
wässert. Von diesem schiffbaren seenreichen Strome laufen zwei Kanäle oft- 
wärts nach Dublin. Die höchsten Erhebungen liegen in dem südwestlichen 
Gebirgsrande (dem Kerrygebirge); in den Wicklow-Bergen (im S. von 
Dublin) sind Kupfergruben. Das Land hat wenig Industrie, mehr Acker- 
bau und Viehzucht. 
Die Hebriden, Orkney- und Shetlands-Jnseln zeigen gleiche Boden- 
befchaffenheit wie Nord-Schottland. Die Berge haben an den Küsten jähe 
Abfälle und vielfache Zerklüftungen. Bemerkenswert ist die Fingals- 
Höhle auf Staffa, einer Hebriden-Jnfel. 
England hat das feuchteste Klima von Europa, namentlich an seines 
Westküste; deshalb ist auch der Sommer dort nicht zu heiß, der Winter nicht 
zu kalt (oeeanifches Klima). Ewiger Schnee kommt nicht vor; selbst Schlit¬ 
tenbahnen gehören zu den allergrößten Seltenheiten. Im November sind 
Wiesen und Wälder noch grün. Häufige Nebel aber verfinstern die Sonne 
und bewirken oft am Mittage eine solche Dunkelheit, daß man Licht anzünden 
muß. Während in Ländern mit gleicher nördlicher Breite die Flüsse noch 
mit Eis bedeckt sind und überall strenge Kälte herrscht, stießen in England 
die Flüsse offen zwischen grünen Usern fort, und der Landmann bestellt schon 
den Acker. Nordschottland hat freilich (wie bereits bemerkt) als Berg- 
land ein ganz anderes Klima, nämlich im Winter strenge Kälte und im 
Sommer drückende Hitze. Dagegen ist das Klima in Irland für die Er- 
zeugniffe des Pflanzenreichs noch günstiger, als das von England. Irland 
ist feuchter als England, und hat noch weniger Kälte und Wärme als dieses. 
Vor allem ist der Graswuchs im englischen Tiefland ausgezeichnet, aber auch 
Weizen gedeiht hier vortrefflich; Hafer und Gerste wachsen fast überall. Die 
englische Viehzucht muß als ausgezeichnet erwähnt werden.
	        
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