Full text: Lehrbuch der allgemeinen Geographie für höhere Lehranstalten

262 Europa. 
immer auf einer verhältnismäßig niedrigen Stufe; wenngleich dieselbe neuer- 
diugs fehr zunimmt, fo entbehrt doch immer noch fast */4 des Volkes der¬ 
selben ganz, namentlich ist unter den Frauen die Zahl derjenigen, die weder 
lesen noch schreiben können, sehr groß. Unter den höheren Bildungsanstalten 
ist besonders das Institut von Frankreich berühmt. — Der Ackerbau 
nimmt unter den Nahrungsquellen noch immer eine hervorragende Bedeutung 
ein, indem er weit über die Hälfte der Bevölkerung ernährt. Eine mittel- 
gute Ernte reicht hin, um den einheimischen Bedarf zu decken, nur bei 
schlechteren Ernten muß importiert werden (Ernte von 1876: Weizen 982,3 
Million; Mischkorn 62/3 Million; Roggen über 27 Million; Gerste 17Vs 
Million; Hafer über 61 Million Hektoliter). Der Getreidebau findet sich be- 
souders im nördlichen Teile, neben demselben werden dort vorzugsweise Flachs, 
Hanf, Obst, Tabak, Gemüse, Oelfrüchte, Klee, Färbepflanzen, Bohnen, Zucker- 
rübeu gebaut. Sehr bedeutend ist auch der Ertrag an Südfrüchten (Oliven, 
Orangen, Citrouen, Kastanien), in den südlichen Teilen, namentlich in der 
Provence. Noch höher steht jedoch die Weinproduktion. Der Weinbau 
bildet in vielen französischen Provinzen die Hauptthätigkeit der Bewohner, 
namentlich in der Champagne, in Burgund, in Guieune (an den Ufern der 
Gironde), in Languedoe und in der Provence. Die geringeren Sorten des 
französischen Weins werden entweder im Lande consumiert oder zu Franz- 
branntwein verwendet. Vom Weinbau leben 2 Mill. Menschen; der Ertrag 
stieg bis auf 72 Mill. Hektol. (1868); 1878 483/4 Mill. Hektol. Nur in 
9 Departements ist kein Weinbau. — Großartig ist auch der Trüffelbau 
(jährlich bis zu 3 Mill. Pfd.). 
Die Viehzucht ist nicht unerheblich, namentlich in Schafen und Riu- 
deru, doch verläßt man sich auf den Reichtum und die Thätigkeit des Aus- 
laudes und kauft namentlich in Belgien, Deutschland und der Schweiz Vieh 
aller Art zu sehr hohen Preisen ein, namentlich Pferde (jährlich 30 000). 
Vortrefflich ist die Käfeproduktion (zu Brie). — Die Seidenzucht blüht 
besonders im Rhonethal (jährlich 3 Mill. Kilogr. Rohseide). — Groß- 
artig ist die Geflügel- und Kaninchenzucht. Der Betrieb der Flußfischerei 
ist in keinem Lande Europas so bedeutend, wie in Frankreich und hier der 
Versuch gelungen, die von Tag zu Tag abnehmende Menge von Fischen in 
den Flüssen mit Hilfe der Kunst ins Unglaubliche zu vermehren. — Die 
Seefischerei ist auch im Schwung, namentlich der Häringsfang, mit 800 
Schiffen (Diöppe und Voulogne), der Sardellenfang (Nantes, Port Louis), 
der Anchovisfang (am Golf du Lion); die Gesamtzahl der Fischfahr- 
zeuge beträgt über 10 000. 
Der Bergbau ist bedeutend nur in Steinkohlen und Eifen. 1873 
betrug die Steinkohlenproduktion 16 V2 Mill. Tonnen, doch waren für den 
Bedarf außerdem noch über 6 Mill. Tonnen erforderlich. Die Eisenpro- 
duktiou beträgt jährlich bis zu 40 Mill. Centner. Hierzu kommen noch 
silberhaltige Bleierze (in 23 Minen). Salinen und Steinsalzlager 
fehlen, fo daß die Salzbedürfnifse hauptsächlich durch Seesalz gedeckt 
werden müssen. 
Die französische Industrie steht zwar an Großartigkeit der englischen 
nach, ist jedoch in Mode- und Luxusartikeln die Tonangeberin für den Kon-
	        
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