Full text: Allgemeine Erdkunde, Länderkunde der außereuropäischen Erdtheile ([Bd.] 1)

Cap. IV. §. 27. Die Pflanzenwelt in ihrem Verhältnis zum Menschen. 109 
Erde schwingen, so erfolgen die Schwingungen mit ungleicher Zeitdauer, Der 
Magnetismus der Erde wirkt also an verschiedenen Stellen der Erde mit ver- 
schiedener Kraft auf die Nadel ein, oder die Intensität des Erdmagnetismus 
ist an verschiedenen Stellen verschieden. Das erkannte zuerst La Perouse 
(1785 — 87) in den indischen Gewässern, dann Alex, von Humboldt in Amerika 
(1799—1804). Am Aequator ist die Intensität im allgemeinen geringer als 
nach den Polen hin; doch sällt die Linie kleinster Intensitäten nicht mit dem 
magnetischen Aequator zusammen. 
Cap. IV. Die Pflanzenwelt. 
Die Pflanzenwelt in ihrem Verhältnis zum Men-§.27. 
fchem Fast überall ist der Erdboden mit einer mehr oder weniger 
dichten Pflanzendecke bekleidet, selbst der Schnee der Polarzone und der 
Eisregionen der Gebirge wird von einer kleinen Alge bewohnt, die ihn 
roth färbt, und das Meer, welches an manchen Stellen von einer 
wahren Waldvegetation riesiger Algen erfüllt ist, ist wohl nirgends 
vollkommen pflanzenleer, denn selbst aus den Tiefen des Atlantischen 
Oceans hat das Senkblei lebende Diatomeen heraufgebracht. Man 
glaubt, daß gegen 150000 verschiedene Pflanzenarten unserem Planeten 
angehören; aber wie ungleich ist dieser Reichthum vertheilt. Novaja 
Semlja trägt 105, Spitzbergen 113 Gefäßpflanzen, Island 400, 
Deutschland und die Schweiz 3450, Süditalien über 3000, Britisch 
Indien von der Meeresfläche bis zu den Gipfeln des Himalaja 9000, 
der Gipfel des Brockens (über 1000™) 142, die Insel Afcension 
(8°S. Br.)39, die Galapagosinseln(0o Br.) 226 Phanerogamen. Und 
während in einigen Ländern wenige Arten in einem Alles bedeckenden 
Pflanzenzuge weite Erdstriche innehaben (der Heidengürtel im mittleren 
Europa, die Tannenwälder des östlichen Europa und in Sibirien), 
findet sich an andern Stellen, z. B. im brasilianischen Urwald, kaum 
eine Spur gesellig wachsender Pflanzen. Einige Länder, z. B. Austra- 
lien, sind arm an nutzbaren Pflanzen, an anderen Stellen, wie in der 
hinterindischen Inselwelt, hat die Natur ihre Gaben mit verschwenderischer 
Hand ausgestreut. Mächtig hat aber der Mensch in diese Verhältnisse 
eingegriffen und fast überall, freiwillig und unfreiwillig, Pflanzen ferner 
Zonen verbreitet. So ist Australien durch ihn seit hundert Jahren fast 
ein anderes Land geworden; auf St. Helena zählt man 750 blühende 
Gewächse, von denen kaum 50 einheimisch sind, und diese sterben mehr 
und mehr aus. — Aber wie wirkt die Pflanzenwelt auch rückwärts 
auf den Menschen ein; wie spricht sich nicht die überwältigende Fülle 
und der kaum übersehbare Formenreichthum des indischen Waldes in 
der Maßlosigkeit der religiösen Vorstellungen, wie in den poetischen 
Gebilden der Inder aus, und wer möchte die elastische Formenstrenge 
der antiken Poesie nicht wiedererkennen in den fast geometrisch regel- 
mäßigen Formen der Cyprefse, der Pinie, der Palme Wer möchte 
zweifeln, daß die Gothische Baukunst, wenn ihr Ursprung auch in der 
Anwendung mechanischer Prineipien ruht, in der Ausführung im ein¬
	        
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