No. 117.
Geographie.
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er sich an das Leben in der großen Weltstadt, und später ist's ihm vielleicht
lieb, daß er mitten im dichten Menschengewühl einsam bleiben und ungestört
seine Wege gehen taun, ohne zu sorgen, wie dieser oder jener dazu sieht, und
was er dazu sagt.
Welche Sehenswürdigkeiten bietet eine Wanderung durch die Stadt!
Mit der alten Stadtmauer sind auch die Thore verschwunden bis auf eines,
das berühmte Brandenburger Thor, durch welches man von dem Tiergarten,
der unmittelbar vor der Stadt liegt, in diese gelangt. Der prächtige Sand¬
steinbau mit seinen fünf Durchgängen trägt die Siegesgöttin ans einem von
vier Rossen gezogenen Siegeswagen. An sie knüpft sich ein bedeutungsvolles
Stück preußischer Geschichte. Im Jahre 1807 wurde sie von den Franzosen
nach Paris gebracht, allein 1814 von den Preußen zurückgeholt und wieder
an ihrem alten Platze aufgestellt.
Vom Brandenburger Thor aus treten wir in die bis zu dem königlichen
Schlosse führende schönste Straße Berlins, „unter den Linden", die über 1 km
lang und fast 50 m breit ist. In der Mitte schmückt sie eine vierfache Baum¬
reihe; daneben ist sie mit Fahrwegen und Fußsteigen für die Fußgänger und
auch mit einem Wege zum Reiten versehen. Hier liegt der Palast des Kaisers
Wilhelm I; hier sieht man eine Reihe der glänzendsten Verkaufsläden, einige
der ersten Gasthöfe der Stadt und zahlreiche sonstige Prachtbauten. Wahr¬
lich, wir sind in einer Stadt der Paläste! Da sind die Akademie, die Uni¬
versität, das Opernhaus, der Palast des Kaisers Friedrich, das Zeughaus, jetzt
Ruhmeshalle genannt, mit seiner großartigen Waffensammlung, den erbeuteten
Siegeszeichen und den Büsten und Standbildern preußischer Feldherrn und
Herrscher. Nun geht's über die Schloßbrücke, die schönste unter den vielen
Brücken Berlins, welche uns zu dem anmutigen Platze führt, welcher der Lust¬
garten heißt. Aus der Südseite erhebt sich das königliche Schloß. Wohl kein
Fürstenschloß Europas übt einen so überwältigenden Eindruck auf den Be¬
schauer aus wie dieser gewaltige Bau. Unter seinen sechshundert Zimmern
sind glänzende Säle mit Marmorbildern und Gemälden, mit Prnnkgefässen
ans Gold und Silber; in dem berühmtesten unter allen, dem „weißen Saale",
wurde am 21. März 1871 von Kaiser Wilhelm der erste Reichstag des neu¬
erstandenen deutschen Reiches eröffnet. Nicht weit vom Schlosse erheben sich
noch manche großartige Gebäude, wie die Börse und das riesige neue Rat¬
haus. An Größe und Pracht werden alle diese Gebäude durch das Reichs¬
tagsgebäude übertroffen. Berlin ist aber auch die Stadt der Denkmäler.
Wo wir auch wandern, stets werden wir an die Großthaten der Geschichte
unseres Vaterlandes und an die Männer erinnert, welche als ruhmvolle
Herrscher deS Staates, als sieggekrönte Krieger oder als hochverdiente För¬
derer der Kunst und Wissenschaft im Andenken der Menschen fortleben. Hier