Buch VII.
Asie n.
Literarischer Wegweiser. Kein Continent hat bisher eine so um-§.
fassende Bearbeitung durch einen einzelnen Autor gesunden als Asien, dem Carl
Ritter von 1832—59 nicht weniger als 18 gewaltige Bände von mehr als
1000 Seiten engsten Drucks gewidmet hat. Sein Name ist daher mit der
wissenschaftlichen Kenntnis dieses Erdtheils auf immer verknüpft. Ritter war
der erste, welcher es unternahm, uns auf Grund aller zugänglichen literarischen
Hülssmittel alter und neuer Zeit den horizontalen und verticalen Bau Asiens
nach großen Gesichtspunkten zu entwickeln, und die Geschichte seiner Culturen
in nahe Beziehung mit ihrer Umgebung zu setzen. Die Geographie Asiens
sollte nur einen Theil der „Allgemeinen vergleichenden Geographie oder der
Erdkunde im Verhältnis zur Natur und Geschichte des Menschen" bilden, und
in den zwei Bänden, die von der ersten Auflage überhaupt 1817—18 erschienen
sind, wird dieselbe hinsichtlich Asiens auch schon größtenteils durchgeführt. Es
fehlte nur noch Kleinasten, der Kaukasus, Sibirien und die asiatische Inselwelt.
Statt das Werk nach dem ursprünglichen Plane fortzuführen, nahm der Ver¬
fasser n«d? mehr als zehnjähriger Pause die Bearbeitung Asiens nach einem
wesentlich erweiterten von neuem in die Hand, und lieferte in rascher Folge
die Darstellung Hochasiens, sowie der östlichen und südlichen Stufenländer
(China und indische Welt) in den 5 ersten Bänden 1832—36. Immer weit-
schichtiger werden mit dem Uebergang nach Westasien die eingeschobenen Excurse
historischen Inhalts, sowie die unmittelbaren Auszüge aus den Quellen, bis
die Arbeiten zu gewaltigen Monographien kleinerer Landstriche anschwellen,
wobei die geographische Darstellung schließlich von der Fülle rein antiquarischen
Stoffes bis zur Beschreibung der Fundorte und Deutung einzelner Monumente
und Inschriften stark in den Hintergrund geschoben, ja z. Th. völlig erstickt
wird. Ein Blick in die Oekonomie der Stoffverteilung deutet uns dieses
Verhältnis genugsam an. Jeuen 5 Bänden, welche Hochasten, Ost- und Süd-
asien behandeln, stehen 5 weitere gegenüber, in denen das Quellgebiet des
Oxus und Iaxartes, Iran nebst den westlichen Stufenländern des Euphrat
und Tigris dargestellt werden (1837—43); zwei neue sind ausschließlich Arabien
gewidmet (1846—47), vier der stärksten der Sinai Halbinsel. Palästina und
Syrien — mehr als ein Viertheil des ganzen Werkes — (1850—52), die
beiden letzten Kleinasten (1856—59). Es fehlt also dieser umfangreichen Erd-
künde von Asien noch der Schlußstein im Westen — nämlich die westlichen
Küstenlandschaften Kleinasiens, ferner die Darstellung des Kaukasus, der aralo-
caspischen Senke und Sibiriens, sowie der gesammten asiatischen Inselwelt.
Niemand hat nach dem Tode Ritters die Fortsetzung seines Werkes unter-
nommen, das in der That schließlich der leitenden Idee oder des zusammen-
haltenden Fadens verlustig gegangen war. Der weitaus größere Theil hat
sür den Historiker und Altertumsforscher höheres Interesse als für den Geo-
graphen. Es gehört eine gewisse Entsagung dazu, sich in dasselbe zu ver-
tiefen, um einen Ueberblick über eine Landschaft, ein Gebirgsfystein, ein Fluß-