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IV. Land und Leute in Heimat und Vaterland.
286. Me das erste SilZer im Erzgebirge gefunden wurde.
Es lebte ein armer, armer Bergmann, namens Daniel Knappe.
Dieser hatte Weib und Kind, und es kam die Zeit, in der er weder
Rat noch Hilfe wußte, sie zu ernähren. Trotzdem wich und wankte sein
Glaube nicht. Da erschien ihm einmal im Traume ein Engel, der
sprach: „Geh hin und suche in der tiefsten Tiefe des Waldes den Baum
auf, in dessen Gezweig silberne Eier ruhen. Du wirst ihn erkennen an
seiner Größe; denn kein Baum im ganzen Haine kann sich mit ihm
vergleichen."
Daniel erwachte und fühlte sich gestärkt. Der Morgen graute, und
eilig drang der arme Bergmann in den Wald hinein. Schon war er
an dem Orte; da steht der Baum, und rasch sind alle Äste bis zum
Wipfel durchsucht, aber silberne Eier zeigen sich nirgends. — „Wie
kann, wie werde ich zu euch zurückkehren, liebes Weib und Kind? Ihr
haltet mich noch am Leben, sonst stürzte ich mich von hier hinab!"
Als er so klagend und trauernd den Baum verlassen will, da steht
ein Engel ihm zur Seite und spricht: „Gott ist hilfreich und wahrhaft,
wo du auch keinen Ausweg siehst. Der Baum hat auch Zweige in der
Erde. Dir sei geholfen um deiner Treue und Liebe willen!"
Der Engel verschwand. Da durchströmte Hoffnung und Mut von
neuem den Unglücklichen, und er grub an dem Fuße des Baumes. Von
den Wurzeln durchflochten, lagen da reiche Silberstufen vor dem Blicke
des staunenden Bergmanns; es war ihm samt Weib und Kind geholfen.
Aus dieser wilden, waldigen Gegend erhob sich bald danach Annaberg,
das freundliche Städtchen, zu welchem im Jahre 1496 der Grundstein
gelegt wurde. I. G. Busching.
287. Aas Mesengeöirge.
Das Riesengebirge ist das höchste Gebirge in Mitteldeutschland;
seine Höhe beträgt 1250 m, und die Riesen- oder Schneekoppe ist
gar 1600 m hoch. Das Gebirge erinnert in vieler Hinsicht an unsere
Südvogesen. Der Reisende trifft noch in einer Höhe von 1000—1200 m
viele zerstreute Sennhütten, dort Bauden genannt. Man zählt deren
wohl an 3000; ihre Bewohner treiben Rindvieh- und Ziegenzucht.
Diese Bauden sind von Holz aus einer steinernen Grundlage errichtet,
welche zwei Meter hoch über den Boden hervorragt. Der Eingang ist
durch ein überhangendes Dach vor dem Wetter geschützt; die Wohnstube,
mit einem großen Kachelofen, einigen Tischen und Bänken ausgestattet,
ist geräumig; daneben befindet sich eine Kammer und gegenüber, durch
Hausflur und Küche getrennt, der Stall. Das Dach ist mit Schindeln
gedeckt und reicht bei den an Bergabhüngen stehenden Bauden an der