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Der Erdumlauf; Ellipsenform der Erdbahn.
der Erdachse bleibt während der Revolution immer dieselbe, also sich selbst parallel.
Äquator und Erdbahn sind daher 23 Va0 zueinander geneigt. Die Ekliptik ist die wirkliche
Erdbahn. Die Beleuchtungsgrenze verschiebt sich infolge der Neigung und des Parallelismus
der Erdachse fortwährend, und es entsteht der Wechsel der Jahreszeiten. 5ln den Kqui-
noktien geht sie durch die Pole, an den Solstitien reicht sie auf der einen halbkugel über
den Pol hinweg bis an den Polarkreis, während sie auf der anderen nur an den polar-
kreis heranreicht.
Vradleys Beweis für den Erdumlauf. Wie für die Drehung der Erde, hat man
auch für ihren Umlauf einen augenfälligen Beweis gefunden, Wir verdanken ihn dem
englischen Astronomen Bradley (gest. 1762). Setzt ein Beobachter die Beobachtung eines
Sternes in der Nähe des Pols ein Jahr lang fort, so muß er sein Fernrohr allmählich
nach einer Reihe von Punkten des Gimmels richten, die einen winzigen Rreis bilden. Der
Stern beschreibt also im Jahr einen Ureis. Diese Bewegung ist nur scheinbar und ein
Beweis für den Umlauf der Erde. Zur Erklärung diene folgendes: Um einen senkrecht
fallenden Regentropfen durch ein enges Rohr hindurchfallen zu lassen, hält man dieses
senkrecht, wenn man stillsteht. Will man aber immer neue Tropfen hindurchfallen lassen,
während man sich vorwärtsbewegt, mutz man das Rohr schräg halten. Die Regentropfen
bleiben nämlich, indem sie ihre senkrechte Fallrichtung beibehalten, hinter der Einfalls-
Öffnung und jeden: weiteren Punkte, den sie passiert haben, infolge deren vorwärtsbe-
wegung zurück. Je schneller diese stattfindet, desto schräger muß auch die Röhre gehalten
werden, Wie die Regentropfen verhalten sich die Lichtstrahlen eines Sternes bei ihrem
Weg durch ein Fernrohr. Stände die Erde still, müßte auch das Fernrohr stets gleichmäßig
gehalten werden. Wegen der kreisförmigen Bewegung der Erde um die Sonne muß der
Beobachter des stillstehenden Sternes, um ihn im 5luge zu behalten, d. h. die immer wieder
vom Stern ausgehenden Lichtstrahlen durch das Fernrohr hindurchgehen zu lassen, dieses
schräg halten und mit der Mündung einen Rreis beschreiben. Der Ureis, den der Stern
scheinbar beschreibt, ist ein Beweis des Erdumlaufs und ein Abbild der wirklichen Erdbahn.
Die Ellipsenform der Erdbahn. Das Sommerhalbjahr ist 187 Tage, das Winter¬
halbjahr 178 Tage lang. Schon im griechischen Altertum schloß man daraus, daß die
Erde, um die man sich ja die Sonne bewegend dachte, nicht im Mittelpunkt der kreis-
förmigen Ekliptik stände, fluch Ropernikus stellte sich die Erdbahn als einen Rreis vor.
Kepler (gest. 1630) aber erkannte die scheinbare Unregelmäßigkeit des Sonnenortes in
ihrer wahren Uatur: Die Erdbahn ist eine Ellipse, die allerdings nur wenig vom Kreise
abweicht1) und in deren einem Brennpunkt die Sonne steht. Die beiden Endpunkte
der großen Achse werden als perihel oder Sonnennähe und als 5lphel oder Sonnenferne
bezeichnet. Die Senkrechte zur großen Kchse durch den Sonnenort, die Äquinoktiallinie,
trifft die Erdbahnellipse in zwei weiteren Punkten, die die erstere in zwei ungleiche Teile
zerlegen/) Im Sommerhalbjahr beschreibt die Erde den größeren, im Winter den kleineren
Ellipsenbogen? die Erde ist daher der Sonne im Winter näher als im Sommer. Nach genauen
Messungen erscheint sie daher auch im Winter größer als im Sommer.') Umgekehrt ist aber
die Länge der Halbjahre.
1) Die Erde ist von der Sonne im abgerundeten Durchschnitt 150 Millionen Km, im
perihel 146140000 km, im Kphel 151 130 000km entfernt, der Unterschied von 4MillionenKm
ist verhältnismäßig recht gering. — perihel, Rphel und die Endpunkte der Äquinoktiallinie
sind nicht gleichbedeutend mit den Lolstitial- und Äquinoktialpunkten; z. B. tritt die Erde in
das perihel erst am 1. Januar, in das 5lphel am 2. Juli. — Da die wärme der Jahreszeiten