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§32. Rußland.
Die Düna entspringt auf der Waldaihöhe und mündet in den Rigaischen Busen.
Das Schwarze Meer erhält den Dnjestr, Dnjepr und Don, dem Kaspischen
Meer fließt der Ural und Europas größter Fluß, die Wolga, mit der Oka
uud Kama zu. Diese Flüsse, welche noch den Borteil haben, daß sie leicht
durch Kauäle verbunden werden konnten, sind jedoch trotz ihrer Länge keine Ber-
kehrswege von großer Bedeutung geworden; denn die nördlichen Flüsse sind
mehrere Monate im Jahre eisbedeckt, die Wolga steht nicht in Verbindung
mit dem Weltmeer, und die Ausfahrten der Ostsee und des Schwarzen Meeres
befinden sich nicht in Rußlands Händen.?
Das Landschaftsbild ist bei der weiten Ausdehnung Rußlands in den
einzelnen Teilen des Landes recht verschieden. Im äußersten Norden taut der
Boden nur im Sommer oberflächlich auf; hier herrscht die Tundra, die nnr
von Flechten und Moosen bewachsene Polarwüste, auf welcher nur wenige Be-
wohner, die Samojeden, mit ihrem Haustier, dem Nenntier, ein kümmerliches
Dasein fristen. Ein südlicher gelegener Gürtel, etwa vom bosnischen Meer bis
zum Ural reichend, ist von Wäldern bedeckt; diese bestehen im Norden aus
Nadelwald, im Süden mehr aus Laubhölzern und beherbergen wertvolle Pelz-
tiere wie Zobel, Hermelin und Marder, aber auch Wölfe und Bären. Die füd-
liche Hälfte Rußlands ist ein Ackerbauland, welches von der Natur durch
fruchtbaren Boden, die „schwarze Erde" sehr bevorzugt ist. Hier werden Weizen,
Gerste, Zuckerrüben und Flachs angebaut. Diese Produkte decken nicht nur den
eigenen Bedarf, sondern werden auch uach Westeuropa ausgeführt. Die
Kafpische Steppe bedeckt sich nur zur Regenzeit mit Gräsern; Wälder kommen
nur an den Flußläufen vor, sogenannte „Galeriewälder". Die Steppe ist in
ihren ergiebigeren Teilen ein Viehzuchtgebiet (Pferde, Schafe), das von noma¬
disierenden, d. h. umherziehenden Hrrrenvöitern "bewohM wird.
Rußland ist also ein Laud, das hauptsächlich Erzeugnisse der Landwirt-
schast und Viehzucht liefert: Getreide, Flachs, Tiere, Eier, Häute; dazu kommen
Holz uud Pelztiere aus dem Waldgebiet. Die Industrie ist uoch wenig eut-
wickelt und beschränkt sich fast nur auf Baumwollwederei in der Gegend von
Moskau. Doch ist zu erwarten, daß die Gewerbtätigkeit einen größeren Auf-
schwuug nehmen wird, denn Bodenschätze sind in Rußland vorhanden. Die
Steinkohlenlager am Asowschen Meer gehören zu deu reichsten in ganz Europa,
auch Eisen kommt hier, im inneren Rußland und im Ural vor. Der Handel
des Reiches ist daher noch vorwiegend anf Einfuhr von Maschinen, Eisen,
Kohle, Wolle, Baumwolle uud auch Tee gerichtet, während landwirtschaftliche
Erzeugnisse, Holz und Getreide ausgeführt werden. Auch Deutschland hat an
dem russischen Handel einen großen Anteil.
Die Zahl der Bewohner ist bei der großen Fläche Rußlands die größte
aller europäischer Reiche: 135 Millionen. Da aber viele Teile Rußlands in-