Full text: Geographische Verkehrslehre für Schulen und zum Selbstunterricht

1. Der Schiffahrtsverkehr. 51 
und der pacifischen Nord- und Südküste Amerikas den Verkehr vermitteln, 
niemals eine große Bedeutung erlangen könne. Die Befürchtungen sind grund¬ 
los; denn New-Aork wird dem Westen der Union nahe gerückt, ebenso Australien, 
was nur einen großen Gewinn für den Osten Nordamerikas bedeuten kann. 
Die Sicherheit und Billigkeit des Verkehrs (auf kleineren Kanälen be¬ 
sorgt der Verfrachter häufig felbst das Schleppen des Fahrzeugs), ferner der 
Umstand, daß auf fumpstgem Terrain Eisenbahnen nur mit großen Kosten 
erbaut uud erhalten werden können, wohingegen Kanalanlagen weniger Schwie¬ 
rigkeiten bereiten, bringt es mit fich, daß sich noch so häufende Eisenbahn¬ 
strecken ein Kanalsystem nicht in den Hintergrund drängen können. So 
kommt es, daß, wo die natürliche Anlage vorhanden ist, in der Neuzeit m 
allen Weltteilen Kanalanlagen ins Auge gefaßt werden, so z. B. ^in Amerika 
der Nicaragua-Kanal' (280 km von der Mündung des San ^uau durch 
den Nicaragua-See nach Brito am Stillen Oeean), der Florida-Kanal (220 km 
von Jackfonville bis zur Mündung des Snwanee, also an der Wurzel der 
Halbinsel Florida), in Asien die Kanäle zwischen den sibirischen Flüssen, der 
Malakka-Kanal (109 km am Isthmus von Kräh), der Süd palästina- 
Kanal (Jordan und Golf von Akaba verbindend), in Afrika die Durchstechung 
des Isthmus von Gabes und die Schaffung eines Sahara-Meeres, in 
Europa der Kanal zwischen der Ostsee und dem Schwarzen Meere, die Durch¬ 
stechung des Isthmus von Perekop in der Krim u. a. m. Das wasserreiche 
Süd-Asrika und Süd-Amerika dürfte in der Zukunft neben Süd-Sibirien das 
Land der Kanäle werden. Bemerkenswert ist, daß der Anteil der Wasserwege 
Deutschlands an der Güterbewegung im Steigen begriffen ist und bereits 66 % 
erreicht hat. 
b. Der Segelschiffverkehr. 
§ 11. Die Blüte des Segelschiffverkehrs gehört einer vergangenen 
Epoche der Navigation an. Während die Völker des klassischen Altertums 
auf ihren Kriegs- und Handelsfahrten vorwiegend Ruderkraft zur Fort¬ 
bewegung ihrer Fahrzeuge gebrauchten, nahmen Schiffer, die sich über bie 
Säulen bes Herakles ober bas Rote Meer hinaus in ben offenen Ocean 
wagten, bie Mithilfe ber bewegten Atmosphäre mitunter fast ausschließlich 
in Anspruch, unb bamit begann sich ber Segelschiffverkehr zu heben. Die 
großartigen Fahrten ber Normannen, Genuesen, Venetiauer, Portugiesen, 
Spanier, Hottänber unb Briten, bie glänzenben Leistungen eines Cristoforo 
Colon, Vasco ba Gama, Magalhäes, Tasman, Barents, Roggeveen, 
Bering, Cook, Roß u. v. A. wurden sämtlich mit Segelschiffen ausgeführt. 
Die Anfänge aller europäischen Kolonien in fremden Erbteilen, ja bie ge¬ 
samte (SntbecEung unb Entschleierung ber Küsten ber Kontinente sonnte nur 
bann bewirkt werben, wenn es gelang, vermittelst guter Segelschiffe nach 
ben entlegensten Räumen unseres Erbballes zu bringen. 
Die Fahrzeuge selbst erfuhren mit ber Zeit infolge ber Erfahrungen, 
welche man im Kampfe mit bem gewaltigen Wasserelement gewonnen, eine
	        
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