Kleinere Flüsse, deutsche Kanäle. § 30.
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Zu diesen Hauptflüssen Mitteleuropas kommen noch zahlreiche kleinere
Küstenflüsse. So strömen der Ostsee von der Baltischen Seenplatte der
Pregel, die Persante, Rega, Warnow und Trade zu, der Nord-
see aus dem westlichen Tiefland die Eid er und die Schelde.
Die Eid er (185 1cm lang), die mittels des früheren Eiderkanals eine
Verbindung zwischen Nord- und Ostsee herstellte, hat jetzt durch den Kaiser-
Wilhelms- oder Nord-Ostseekanal zwischen der Elbmündung und
der Kieler Bucht ihre Bedeutung verloren.
Die Schelde (390 km lang) entspringt im nördlichen Frankreich,
von wo sie nach Belgien übertritt. Sie wird durch die Zuflüsse Henne
und Lys, vor allem aber durch das Aufsteigen der Meeresflut bis Ant-
werpen schiffbar. An der Mündung teilt sie sich in die nördliche Oster-
und die südliche Wester-Schelde.
Für das Verkehrsleben Mitteleuropas ist es von größter Wichtigkeit,
daß die Wasserscheiden zwischen den hauptsächlichsten Flüssen häufig
nur wenig hoch liegen, ja sogar ganz unmerklich verlaufen, wie im nörd-
lichen Flachland. Daher ist die Durchgängigkeit und Wegsamkeit die denk-
bar beste, und es ist möglich geworden, durch künstliche Wasserstraßen,
Kanüle, Verbindungen zwischen den einzelnen Flußgebieten herzustellen.
Die meisten derselben befinden sich natürlich in der Norddeutschen Tiefebene,
z. B. der E lbin g - o b erl ä n d i sch e Kanal in Ostpreußen, der eine ganze Reihe
von Seen miteinander in Verbindung setzt. In Posen treffen wir den Brom-
berger Kanal zwischen Brahe und Netze (also zwischen Weichsel und Oder); in
Brandenburg zwei Kanäle zur Verbindung der Oder mit der Elbe: den Finow-
kanal von der Oder (bei Oderberg) zur Havel und den Oder-Spreekanal,
der oberhalb Frankfurt aus der Oder zur Spree abzweigt. Über den Teltowkanal
s. S. 90. Ferner haben wir in Westfalen und Hannover den Dortmund-
Emskanal; in Mecklenburg die Müritz-Elde-Wasserstraße, welche die
Havel mit der Elbe verbindet; in Holstein den E lb e - Tra v e k a nal, sodann
den großartigen Nord-Ost see- oder K ai s e r - W i lh el m sk a n a l zwischen Kiel
und Brunsbüttel an der Elbe, welcher den deutschen Kriegsschiffen den Übergang
aus der Ost- in die Nordsee ohne Berührung eines fremden Gewässers ermöglicht
und die Fahrt um Jütland erspart. Aus Süddeutschland ist der Ludwigskanal
zu nennen, welcher vom Main bei Bamberg in die Donau bei Kelheim führt. Die
Reichslande haben Anteil an dem Rh ein-Marnekanal, und zwar von Straß-
bürg bis jenseits Saarburg, sowie an dem Rhein-Rhonekanal, der von
Straßburg kommend bei Dammerkirch die französische Grenze erreicht.
Unter den Flüssen des Deutschen Reiches befinden sich etwa 60 schiffbare, von
denen übrigens nur der Rhein (nebst dem Bodensee) sowie der Unterlauf der Elbe
(Hamburg), der Weser (Bremen), der Oder (Stettin) und der Weichsel (Danzig)
für die Schiffahrt von größerer Bedeutung sind. Sie mögen zusammen 9500 km
Länge haben. Rechnet man hierzu die Seen mit 2200 und die Kanäle mit 2100 km
Länge, so messen die deutschen Wasserstraßen ungefähr 13800 km.
§ 31. Klima, ^stanzen und Tiere Kuropas.
Durch feine Lage in der Mitte der gemäßigten Zone, fast gleich weit vom Pol
wie vom Äquator entfernt, ist Mitteleuropa gegen zu große Hitze wie gegen zu
große Kälte geschützt. Zu beachten ist dabei, daß der Nordwesten wegen der Nähe