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Fünfter Abschnitt.
iung um so mehr, als es in vielen Gegenden noch an guten Landstraßen und Eisenbahnen
mangelt. Frühzeitig ist durch sie lebhafter Binnenhandel in Ost-Enropa hervorgerufen.
Beeinträchtigt wird der Wert der Flüsse als Verkehrsstraßen allerdings dadurch, daß
sie mehrere Monate im Jahre, die nördlichen sogar länger als ein halbes Jahr zuge-
froren sind.
Das Klima Ost-Europas ist kontinental, mit starken jährlichen und
täglichen Temperaturschwankungen; doch erreichen dieselben nirgends die
Größe wie im nördlichen und zentralen Asien. Die Niederschlagsmengen
sind im NW. reichlich, nehmen nach 80. zu immer mehr ab.
In Bezug auf die Vegetation lassen sich vier Zonen unterscheiden:
1. Die Tundrazone nördlich des Polarkreises.
2. Die Waldzone bis etwa zum 55. Parallelkreis. Wälder bedecken
den größten Teil dieses Gebiets, im N. meist Nadel-, im 8. Laubwälder.
Der Ackerbau ist im N. beschränkt, nimmt aber nach 3. zu immer größere
Flächen ein.
In den Nadelwäldern herrscht die Kiefer vor, daneben Fichte und Lärche. Die
Laubwälder haben einen von dem mitteleuropäischen sehr abweichenden Charakter.
Buchen fehlen gänzlich, Eichen sind auf die südlichsten Teile beschränkt. Dagegen tritt
die Linde hier vielfach waldbildend auf. Daneben bilden Espen, Erlen, Ebereschen
und Birken die Hauptbestände.
3. Die Ackerbauzone wird bedingt durch das Auftreten einer schwarzen
Rasenerde, des sogenannten Tschernosems, die außerordentlich frucht--
bar ist und kaum der Düngung bedarf.
Der Wald tritt gegen die Kulturflächen ganz zurück. Hier ist die große Kornkammer
Europas, die Weizen und Roggen, welcher hier wahrscheinlich seine Heimat hat, in
ungeheuren Mengen erzeugt. Doch bringen sehr trockene Jahre zuweilen völlige Mis->
ernten hervor, die dann meist große Notstände im Gefolge haben.
4. Die Steppenzone. Ihre nördliche Grenze verläuft von Odessa
zur Mündung der Kama in die Wolga. Baumwuchs fehlt hier fast gänzlich;
auch Ackerbau kann nur in der Nähe der Flüsse mit Hilfe künstlicher Be-
Wässerung getrieben werden.
Der Steppencharakter wird hier dadurch bedingt, daß die bedeutenden Regen-
massen im Mai und Juni in Form heftiger Gewitter herabstürzen und, ohne tiefer
einzudringen, rasch an der Oberfläche abfließen, Herbst und Winter sind dagegen sehr
arm an Niederschlägen, und die heftigen Stürme hindern vollständig die Bildung einer
Schneedecke, welche einen befruchtenden Einfluß auf das Erdreich ausüben könnte.
Ost-Europa weist sehr verschiedenartige Bevölkerungselemente auf;
unter ihnen überwiegen aber die Russen an Zahl so sehr, daß sie die übrigen
Stämme sich dauernd zu unterwerfen und ganz Ost-Europa zu einem ein-
heitlichen Staat, dem Russischen Reich, zu vereinigen vermochten.
Die Russen zerfallen in zwei Gruppen: 1. Die Großrussen nehmen
das gesamte zentrale und einen großen Teil des nördlichen und östlichen
Rußland ein. 2. Die Kleinrussen, zu denen auch die militärisch organi-
sierten Kosaken gehören, bewohnen Klein- und Süd-Rnßland.
Die Polen bilden im Königreich Polen die Hauptmasse der Bevölke-
rung und leben auch in West-Rußland vielfach zerstreut zwischen Klein-
Russen. Von den übrigen Völkern indogermanischen Stammes sind zu-
nächst die Litauer und Letten zu nennen, welche in Litauen, Kurland
und Livland den Grundstock der Bevölkerung bilden. Ferner sind Deutsche
in Ost-Europa weit verbreitet, bilden aber fast nirgends eine geschlo sene
Masse. Wallachen in Bessarabien.
Zu der mongolischen Rasse gehören folgende Völkerschaften: 1. Fin-