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herzigkeit Gottes den größten Anteil; aber auch der Feldpost, die Stephan
schon am 24. Juli mobil und fertig gemacht hatte und Schritt für Schritt
mit den Heeren voranschickte, soll ihr Verdienst unvergessen sein. Denn
wer will es ausrechnen, wieviele Funken von Liebe und Kraft, von
s Glauben und Trost die tapferen Feldpostboten mit ihren Briefen und
Sendungen den Kämpfenden zutrugen?
Das gäbe ein buntes Register, wenn man alles aufschreiben wollte,
was damals auf diesem Wege mit in das Feld spaziert ist. In den ersten
zwei Monaten wurden noch keine Pakete, sondern nur halbpfündige Karton—
10 briefe befördert. Da mußten denn wohl gekochte Eier und Butterschnitten
oder tausend Zigarren, die letzteren in 20 Briefe verteilt, die weite Reise
antreten. Dabei war oft das Schlimmste, daß der Bestimmungsort nicht
wie in Friedenszeiten mit auf dem Briefe stand, sondern daß die Post
erst selber feststeleen mußte, wohin der Empfänger zurzeit kommandiert
iß war. Die Postämter wurden an allen möglichen und unmöglichen Plätzen
eröffnet, z. B. am 18. August bei Vionville auf dem Schlachtfeld mitten
unter den am 16. Gefallenen. Die Sortiertasche war ein großes Stück Lein—
wand, an das viele kleine Täschchen genäht waren. Den Tisch gab die Erde
mit einer Pferdedecke darauf, die Postbeamten knieten oder lagen davor auf
20 dem Bauche und verteilten die Sendungen, während die Mannschaften im
dichten Kreise herumstanden, damit nicht der Wind die Briefe davonwehe.
Sobald der Marsch auf Paris ging, eilte Stephan selbst auf den
Kriegsschauplatz, um die nötigen Einrichtungen zu treffen. Vor Sedan
fragte er einige französische Gefangene, wie sie mit ihrer Feldpost zufrieden
25 wären, und als sie ihm sagten, sie hätten seit ihrem Abschied noch gar
keine Briefe von Hause erhalten, da dachte er bei sich: „Nun weiß ich
genau, warum euch die Lust am Kampfe vergangen ist.“
In der folgenden Friedenszeit hat unser Reichspostmeister die Post⸗
ämter samt den Agenturen und Hilfsstellen ganz gewaltig vermehrt, die
zo Telegraphen und Fernsprecher allerorten auch auf das Land geleitet. Immer
neue Erleichterungen für die Benutzung hat er geschaffen und dadurch
treulich geholfen, daß unser Volk von einem Jahre zum andern fester zu—
sammengewachsen und sein Bildungsstand erfreulich gehoben ist.
Aber von Stephans größtem Werke, das seinen Namen am weitesten
zs getragen und die meisten Ehren ihm eingebracht hat, muß ich hier ein
Wörtlein noch reden.
Schon immer war er der Meinung gewesen, daß die Völker auf dem
ganzen Erdenrund eigentlich alle Geschwister seien, die zwar in ver—
sch edenen Stuben, aber unter demselben Dach ihre Wohnung hätten.
Wenn sie darum auch einmal in Unfrieden gerieten, was selbst bei Ge—
schwistern hin und wieder geschehen soll, so müßten sie hinterher erst recht
ich zusammenschließen und des gemeinsamen Blutes gedenken. Dazu
würde aber nichts ihnen dienlicher werden, als wenn ihnen ihr gegen—