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3) die Meeresströmungen, welche über viele Breitengrade rasch hinwegfließend
den Orten, zu denen sie gelangen, die Temperatur ihres Ursprungs zuführen; durch
sie vorzugsweise wird die Vertheilung der Luftwarme auf der südl. Halbk. bedingt;
4) die größere oder geringere Entfernung vom Oreane, daher auch die hori¬
zontale Gliederung der Erdtheile;
5) die Menge, Art und Dauer des Niederschlags, sowie seine Vertheilung in
die Jahreszeiten;
6) die größere oder geringere Durchsichtigkeit der Atmosphäre;
7) die Beschaffenheit des Bodens und sein Vermögen, die Wärme zu absorbiren
und auszustrahlen, daher seine Bestandtheile, seine Hygroskop. Fähigkeit u. s. w.;
8) die Vcgetationsdecke, besonders«die Wälder; ausgedehnte Wälder wirken
durch Schattenkühle, Verdunstung und Strahlung erniedrigend auf die Temperatur,
ferner befeuchtend, und hindern die schnelle Austrocknung des Bodens.
Die Pflanzen sind die Verkünder des wahren Klimas.
§. 191. Continentales und oceanisches Klima.
Da das Meer überall von gleichmäßiger Beschaffenheit ist, eine große
Durchlässigkeit und Wärmecapacität besitzt, so ändert sich seine Temperatur
langsamer als die des Landes und ist daher den täglichen und jährlichen
Schwankungen weniger unterworfen als das Festland. Das Meer übt des¬
halb auf die Temperatur der Atmosphäre noch weit über feine Grenzen hinaus
einen ausgleichenden Einfluß. Küstengegenden haben folglich kühle Sommer
und verhältnißmäßig warme Winter, während nach dem Innern des Festlandes
zu der Abstand zwischen den Extremen der Temperatur wächst; derselbe beträgt
z. B. für Neapel 35°, für Berlin 55°, für Moskau 63°, für Jakutsk 70V20*
Dadurch wird der Unterschied zwischen oceanischem (gleichmäßigem und feuch¬
ten) und continentalem (excefsivem und trocknen) Klima bedingt. Das Klima
der südl. und der westl. Halbk. trägt im Vergleich zur nördlichen und östlichen
einen vorwiegend oceanischen Charakter.
Je größer die Gliederung eines Landes ist, destomehr ist sein Klima oceanisch,
je massenhafter es gestaltet ist, desto mehr herrscht in seinem Innern das kontinentale
Klima. Europa hat daher in Vergleich zu Asien oceanisches Klima. Auf den
Färöer frieren im Winter die kleinen Seen nicht zu, aber im Sommer fällt oft
Schnee in den Ebenen; im nordöstl. Irland überwintert die Myrte im freien, aber
die Sommerwärme reicht nicht hin, um die Weintraube zu reifen. Astrachan dagegen
hat gleiche Winterkälte mit dem Nordcap, aber seine Sommerwärme genügt, um
das köstlichste Obst zu reifen.
§. 192. Klima der Ost- und Westküsten der Continente.
In der gemäßigten Zone haben die Ostküsten der Festländer ein kühleres
Klima als die Westküsten. Dieser Unterschied nimmt mit der Annäherung an
den Äquator rasch ab und ist unter 4(>o n. Br. nur noch wenig bemerklich. Am
auffallendsten tritt er in den klimatischen Verhältnissen Skandinaviens und der
amerikan. Nordwestküste hervor. Auf der südl. Halbk. zeigt sich derselbe Unter¬
schied schon unter dem Äquator, nimmt aber hier mit der Breite in dem Maße
ab, wie sich die Continente verjüngen. In der heißen Zone haben die Ost¬
küsten eine feuchtere Luft als die Westküsten, in der gemäßigten umgekehrt.
§. 193. Klima der Ebenen und Gebirge, Klimascheiden.
Je ebener eine Fläche ist, desto stärker wird sie von den Sonnenstrahlen
erwärmt, daher das Klima auf Ebenen, besonders auf tafelförmigen Hochebenen
excessiver ist als das niedriger Bergländer. Vereinzelte Spitzen und Kamme